Aus den Erinnerungen der Überlebenden Alwine Keck und Martin Wick: "Mit den Kindern ins Gas"

An die Deportation von Juden und Sinti in die Vernichtungslager erinnert ein Mahnmal auf dem Gelände des Darmstädter Güterbahnhofs. Foto: Guido Schiek
DARMSTADT - "Ich wusste nicht, wir wussten nicht, was Auschwitz bedeutet. Uns hatten sie gesagt, dass wir angesiedelt werden sollen. Wir hatten ja keine Ahnung, dass die uns nach Auschwitz schaffen. Kein Mensch von uns hat das gewusst. .... Wir haben doch alle gearbeitet. Nur weil wir nicht "arisch" waren. .... Meine Geschwister, die sind alle in Auschwitz vergast worden, die haben bis zuletzt dort gelebt. ... Mein Vater, der hätte gehen können. Er ist geblieben bei den Kindern, er ist mit seinen Kindern ins Gas gegangen. .... Meine Mutter ist nach Kriegsende zurück nach Darmstadt, weil das ja unser Wohnort war, und weil wir hier alle gemeldet waren. Ich habe das dann in Wittenberg im Radio gehört, dass meine Mutter mich sucht. So kam ich auch nach Darmstadt zurück. ... In der Moosbergstraße wohnten wir einige Jahre, jede Familie in einem Zimmer. Vor dort sind wir in die Baracken in der Akazienstraße gekommen. Danach sind wir so oft auf das Wohnungsamt gegangen, und es hieß immer wieder "Wir haben ja nicht einmal genug Wohnungen für unsere eigenen Leute". Wir galten immer noch nicht, oder schon wieder nicht, als Darmstädter." (Aus den Erinnerungen von Alwine Keck, zitiert nach Herbert Heuß: Darmstadt. Auschwitz. Die Verfolgung der Sinti in Darmstadt. Seeheim, 2005)
"Die anderen Familien aus Darmstadt waren schon vor uns weggekommen, im März. Wir waren die letzten, die aus Darmstadt wegkamen. Wir haben die anderen Sinti aus Darmstadt dann in Auschwitz wiedergesehen. ....Wir haben nicht gleich gewusst, was Auschwitz bedeutet, aber wir haben dann nachts das Geschrei derer gehört, die vergast wurden. Des nachts dürfte ja keiner den Block verlassen. Aber wir sind trotzdem raus, und haben dann gesehen, dass hinten, hinter dem Zaun, die Krematorien standen und dort die Menschen ermordet wurden." (Aus den Erinnerungen von Martin Wick, zitiert nach Herbert Heuß)