Augenärzte: Neue Patienten haben kaum eine Chance auf eine...

Öfter verweisen Augenärzte darauf, dass man den Sehtest auch beim Optiker machen könne. Foto: dpa
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Immer wieder erreichen die Redaktion Beschwerden von Lesern, dass es nahezu unmöglich sei, einen Termin bei einem Augenarzt zu bekommen. Daher haben wir uns selbst als...

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DARMSTADT. Immer wieder erreichen die Redaktion Beschwerden von Lesern, dass es nahezu unmöglich sei, einen Termin bei einem Augenarzt zu bekommen. Daher haben wir uns selbst als Kassenpatient ausgegeben und den Test gemacht. Das Ergebnis ist frappierend. Am Telefon haben wir angegeben, dass unsere Augen deutlich schlechter geworden seien und wir deshalb gerne zur Untersuchung für einen Sehtest vorbeikommen würden.

Die einzigen drei Augenärzte, die uns zeitnah (kommende Woche) einen Termin angeboten haben, besitzen keine Kassenzulassung. Das heißt, Behandlung nur gegen Bargeld, außer man ist Privatpatient. Interessanterweise werden uns unterschiedliche Summen genannt. 100 Euro heißt es bei dem einen Arzt, 135 Euro bei dem anderen, und in der dritten Praxis bereitet man uns am Telefon auf Kosten von 180 Euro vor. Das könne aber durchaus noch mehr werden, "das kommt auf die Behandlung und Erstuntersuchung an" meint die dortige Sprechstundenhilfe.

Die Kassenärzte, die wir abtelefonieren, nehmen mit einer Ausnahme keine Neupatienten auf oder sind im Urlaub. Eine einzige Praxis hätte einen Termin nach sechs Wochen frei. Zwei Praxen empfehlen, einen Sehtest beim Optiker machen zu lassen. Ein Augenarzt, der zwar Kassenpatienten behandelt, mache keine Sehtests, sondern stattdessen nur "Gesundheitschecks". Das ist insofern erstaunlich, als dass die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KV) den Sehtest als "medizinisch indiziert und abrechenbar" bezeichnet, wenn der Verdacht auf eine Augenerkrankung besteht. Ein einfacher Sehtest sei ein fakultativer Leistungsinhalt der augenärztlichen Grundpauschale.

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Die KV räumt selbst ein, dass es sehr schwer sei, einen Termin bei einem Augenarzt zu bekommen. Denn "der konservativ behandelnde Augenarzt verdient weniger Honorar als der Operateur", sagt Petra Bendrich von der Pressestelle der KV Hessen. Ohne einen operativen Schwerpunkt sei es wirtschaftlich schwierig, eine konservativ tätige Augenpraxis zu betreiben oder einen Nachfolger zu finden, wenn man in den Ruhestand gehen möchte. Darmstadt gilt nach dem Schlüssel von KV und Krankenkassen, was die Zahl der Augenärzte angeht, als überversorgt. Ob man einen Termin bei einem Arzt bekommt, hat damit nichts zu tun. "In der statistischen Überversorgung gibt es keine Unterscheidung, ob Augenärzte rein konservativ behandeln oder überwiegend ambulante OPs machen", sagt Bendrich. Ebenso wenig erfasst die Kassenärztliche Vereinigung, wie viele Augenärzte mittlerweile ihre Kassenzulassung abgegeben haben und nur noch privat praktizieren.

Wie sieht es aber bei Notfällen aus? Auch diesen Test haben wir gemacht. Wir geben vor, eine starke Rötung im Auge zu haben, die nicht weggeht. Dies könnte ein Symptom für eine ernsthafte Erkrankung des Auges sein. Wieder telefonieren wir elf Praxen ab. Ein einziger Arzt bietet uns am Folgetag um 8 Uhr einen Termin an; es kommt auch keine Frage, ob man Kassen- oder Privatpatient sein. Eine Privatpraxis bietet die Behandlung gegen 30 Euro Bargeld an, die anderen Praxen haben entweder keinen Termin frei oder nehmen ohnehin keine Neupatienten auf.

Allerdings verweisen die meisten Praxen auf den augenärztlichen Notdienst, den die niedergelassenen Darmstädter Augenärzte in Selbstorganisation betreiben. Wöchentlich übernimmt jeweils ein anderer Augenarzt den Notdienst. Über die zentrale Nummer des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (116117), die rund um die Uhr erreichbar ist, sind weitere Infos zu erhalten. Hier ergibt der Test, dass wir schnell einen Termin bekommen hätten. Fazit: Die Notfallversorgung ist offenbar sichergestellt.

Klinikum ist nicht für Notfälle zuständig

Nicht für die Notfallversorgung zuständig ist die Augenklinik des Klinikums. Die ambulante Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten obliege allein der Kassenärztlichen Vereinigung; das gelte auch für die Notfallversorgung, sagt die Pressesprecherin des Klinikums Eva Bredow-Cordier. "Notfall-Augenpatienten können von der Augenklinik am Klinikum Darmstadt nur auf Überweisung oder auf Einweisung von Augenärzten oder nach vorheriger Prüfung der Ärztlichen Bereitschaftsdienst-Zentrale behandelt werden." In jedem Fall müsse vorher von einem Kassenarzt geklärt werden, dass alle ambulanten Maßnahmen ausgeschöpft wurden, so Bredow-Cordier.

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Von Patrick Körber