Menschenrechtler informieren auf dem Ludwigsplatz zum Thema Sklaverei. Davon sind weltweit rund 40 Millionen Menschen betroffen.
Von Miriam Gartlgruber
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DARMSTADT - "Was steht da auf dem Teppich?", fragt ein kleiner Junge neugierig und zieht an der Hand seiner Mutter, um die Bilder auf dem Boden besser sehen zu können. "Darauf erklären wir, warum wir heute diese Armbänder verteilen", antwortet Dominik Walk, Botschafter der International Justice Mission (IJM) und zeigt auf das knallblaue Gummiband an seinem Handgelenk. "#frei" ist darauf zu lesen.
Am Samstag ist die internationale Menschenrechtsorganisation samt "Unrechtsweg", einem 15 Meter langen Boden-Banner, auf dem Ludwigsplatz präsent, um Aufklärungsarbeit zum Thema Sklaverei zu leisten. "Unsere Botschaft lautet: Wir in Deutschland sind frei, circa 40 Millionen Menschen weltweit sind nach Schätzung der International Labour Organisation (ILO) aber unfrei", so der Botschafter.
Das ist auch auf dem Unrechtsweg zu lesen: 40,3 Millionen Menschen sind versklavt, davon rund zehn Millionen Kinder. "Sie arbeiten gegen ihren Willen bis zur völligen Erschöpfung", steht auf dem Banner. Dominik Walk benennt zwei Faktoren als Hauptgründe der Sklaverei, die beispielsweise in Indien, Uganda oder der Dominikanischen Republik noch regelmäßig praktiziert wird. "Der fehlende Rechtsschutz in diesen Ländern bewirkt, dass die Menschen dort nicht vom Staat geschützt werden - sie haben keinerlei Sicherheit. Zum anderen ist die Armut häufig ein Druckmittel und führt zu körperlicher Gewalt und Schuldknechtschaft". Was das genau ist, erklärt Walk an einem Beispiel: Wenn ein Kind krank wird und die Familie sich die Medizin nicht leisten kann, muss sie sich einen Kredit geben lassen, der oft durch körperliche Arbeit abgearbeitet werden kann. Danach heißt es aber, der Schuldner habe in der Zeit, in der er gearbeitet hat, auch bei dem Kreditgeber gegessen und geschlafen - der Schuldenberg wird immer größer, ebenso wie die Arbeit, um die Schulden abzuarbeiten und der Kreislauf beginnt."
Auf dem Unrechtsweg ist von Issaka und Sam zu lesen, zwei elf und sieben Jahre alte Jungen aus Uganda, die laut der ILO dazu gezwungen werden, jeden Tag fischen zu gehen, obwohl sie nicht schwimmen können - eines von vielen Einzelschicksalen. "Die Passanten, die bei uns stehen bleiben, sind sehr interessiert und wollen helfen", sagt Dominik Walk. Ihm selbst hat ein Film über Sklaverei die Augen geöffnet: "Ich war sehr überrascht, wie präsent dass Thema heute noch ist - Sklaverei ist etwas, dass man eher mit der Zeit des Römischen Reiches in Verbindung bringt. Das Problem ist aber ein aktuelles und vor allem ist es ungelöst".
Der Film habe ihn nicht mehr losgelassen, "ich wollte etwas tun", sagt er. Den Ansatz nach dem die IJM arbeitet, findet er überzeugend: "Es gibt verschiedene Säulen - von der Einzelfallarbeit vor Ort über die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Regierungen der Länder bis hin zur Nachsorge der Opfer - das Ganze ist sehr gut durchdacht".
Solche Stadtaktionen wie auf dem Ludwigsplatz organisieren die ehrenamtlichen Mitarbeiter der IJM nun im dritten Jahr in insgesamt 16 deutschen Städten. Seit 2016 gelten sie als Auftaktveranstaltungen zur "#unfrei-Kampagne", die in der Woche um den 18. Oktober, dem Europäischen Tag gegen Menschenhandel, ausgerichtet wird.
Die Intention der Aktionen ist, wie Dominik Walk berichtet, hierzulande ein starkes Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass es Menschen in Sklaverei gibt und ihnen zu helfen, indem man beispielsweise die Arbeit der Organisation unterstützt. Er selbst ist seit drei Jahren Botschafter der Organisation und findet: "Zu erkennen, dass man frei ist und dass dies nicht überall selbstverständlich ist, ist schon mal eine gute Art der Wertschätzung".