Anwohner kritisieren Verkehrskonzept für Darmstädter Willy-Brandt-Platz
Unvermindert harte Fronten beim Davia-Projekt: Ein Bürgergespräch zur Neuordnung des Verkehrsraums Bismarckstraße, Frankfurter Straße und Willy-Brandt-Platz hat am Donnerstagabend keine entscheidende Annäherung zwischen Verwaltung und Projektgegnern gebracht.
Von Daniel Baczyk
Redaktion Südhessen
So könnte der Willy-Brandt-Platz einmal aussehen: Der öffentliche Nahverkehr rückt an die Ostseite der Frankfurter Straße. Visualisierung:Heag-Mobilo
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DARMSTADT - Unvermindert harte Fronten beim Davia-Projekt: Ein Bürgergespräch zur Neuordnung des Verkehrsraums Bismarckstraße, Frankfurter Straße und Willy-Brandt-Platz hat am Donnerstagabend keine entscheidende Annäherung zwischen Verwaltung und Projektgegnern gebracht. Verfechter der Umgestaltung mit Dezernentin Barbara Boczek an der Spitze mussten sich von der Bürgerinitiative IG 3 und anderen Anwohnern scharfe Kritik anhören.
Rund 100 Menschen waren zur Versammlung im früheren Landratsamt an der Rheinstraße gekommen. Boczek eröffnete mit dem Hinweis auf die Komplexität der Planung an einem der wichtigsten Verkehrsknoten Darmstadts. Dort könne man nicht alle Bedürfnisse gleichzeitig erfüllen, daher seien Kompromisse wichtig. "Wir müssen wachsende Verkehre organisieren in einem nicht wachsenden Straßenraum", sagte die Dezernentin. "Es wird enger für alle." Heag-Mobilo-Geschäftsführer Matthias Kalbfuss verwies darauf, dass täglich 6000 Menschen am Willy-Brandt-Platz ein-, aus- oder umstiegen. Sechs Straßenbahn- und 15 Buslinien hielten dort.
Für Verwirrung sorgte die Aufspaltung der Veranstaltung in einen Informationsteil über die abgeschlossene Planung an Bismarck- und Frankfurter Straße sowie einen Ideensammlungs- und Mitsprache-Teil für den Willy-Brandt-Platz. "Wir müssen ja mal zum Ende kommen", begründete Boczek die Abwehr neuer Vorschläge zu den Straßenzügen.
VIER JAHRE BAUZEIT AB 2020
Politische Beschlüsse von Magistrat und Bauausschuss zur Umgestaltung des Willy-Brandt-Platzes werden für das zweite Quartal 2018 erwartet. In diesem Jahr soll auch das Planfeststellungsverfahren beginnen, das voraussichtlich ein bis anderthalb Jahre dauern wird. Danach folgt die Ausschreibung der Bauleistungen.
Der Bau soll 2020 beginnen; er wird voraussichtlich vier Jahre dauern.
Initiative bemängelt fehlende Beteiligung
Für die Bürgerinitiative bemängelte Georg Dombrowe, dass ein 40-seitiges Papier der IG 3 mit Anregungen nicht berücksichtigt worden sei. Eine echte Bürgerbeteiligung gebe es nicht. Dies bestritten die anwesenden Planer. Alle Anliegen seien ernsthaft geprüft worden, versicherte die Dezernentin; das bedeute jedoch nicht, dass auch alle umgesetzt würden. Sie beklagte einen "leicht aggressiven Unterton" vieler Stellungnahmen.
Bei der Gestaltung des Willy-Brandt-Platzes hätten Busse und Bahnen sowie Fußgänger Vorrang, erklärte Planer Thomas Krannich. Auch die barrierefreie Gestaltung der Straßenbahnhaltestelle sei eine Vorgabe. Das bedeute, dass jeder Bahnsteig an einer 45 Meter langen geraden Passage liegen muss. Kompliziert werde die Situation durch die unter Denkmalschutz stehende Herrngarten-Mauer. "Eine Ideallösung gibt es nicht", sagte Krannich. Neun Varianten seien geprüft worden, darunter auch eine Einbahn-Regelung stadtauswärts in der Frankfurter Straße.
Dies scheide jedoch aus, da die Kasinostraße keinen Mehrverkehr aufnehmen könne und zusätzliche Fahrten durch Johannes- und Martinsviertel unerwünscht seien. Auch alle Varianten mit Einschränkungen für den Öffentliche Personennahverkehr wurden gestrichen. Am Ende bleiben zwei Varianten zur Auswahl. Beide sehen eine gepflasterte Fläche für Fußgänger und Radfahrer vor dem alten Landgerichtsgebäude vor. Der Autoverkehr wird komplett an die Westseite der Frankfurter Straße verlegt; dort erhalten auch Radfahrer einen Schutzstreifen. Die Gleise kommen auf die Ostseite; Radfahrer können dort den Gehweg mitbenutzen.
Wegfall von Parkplätzen wird kritisiert
Hauptunterschied zwischen beiden Varianten ist die Haltestelle stadteinwärts: In einem Fall liegt ihr Bahnsteig gegenüber der Gegenrichtung am Willy-Brandt-Platz, im anderen Fall ein gutes Stück in die Frankfurter Straße verschoben. Letzteres fand in der Diskussion wenig Unterstützung.
Viel Kritik entzündete sich am Wegfall zahlreicher Parkplätze - 90 Stellplätze entfielen in dem Bereich, sagte Verkehrsplaner Norbert Stoll. Im Gegenzug arbeite die Stadt daran, Parkplätze von Unternehmen an der Kasinostraße zu übernehmen. Auch sollen 23 Bäume gefällt werden. Sie würden durch Neuanpflanzungen ersetzt, hieß es.
Frage der Kosten bleibt ungeklärt
Eine Ladenbesitzerin bemängelte die geänderte Verkehrsführung am Mathildenplatz, wo der Verkehr in Nordrichtung nicht mehr unter der Seufzerbrücke, sondern auf der anderen Platzseite fließen soll; dort entfällt die Einbahnregelung. Dies werde die Geschäfte am Platz in den Ruin treiben. Auch die Erreichbarkeit des Ärztehauses am Willy-Brandt-Platz sehen dort ansässige Ärzte nicht gut gelöst.
Ungeklärt blieb, welche Kosten auf die Anwohner zukommen. Diese müssten nur für die Anlage von Geh- und Radwegen sowie Grünstreifen anteilig aufkommen, nicht aber für die Nahverkehrs-Trassen, hieß es; verlässliche Zahlen dazu gebe es noch nicht.