Zwei Überlastungsanzeigen hat die Behörde im vergangenen Jahr gegenüber dem Präsidium abgegeben. Die Zahl der Wirtschaftsstrafverfahren hat zugenommen.
DARMSTADT. 300 Richter und Staatsanwälte fehlen laut hessischem Richterbund in Hessen. Im vergangenen Jahr zeigte sich das auch am Landgericht Darmstadt: die für Wirtschaftsverfahren zuständige 9. Große Strafkammer des Darmstädter Landgerichts hatte zwei Mal gegenüber dem Landgerichtspräsidium Überlastung angezeigt. Am Landgericht waren daraufhin zwei Hilfsstrafkammern eingerichtet worden. Zusätzliche Richter wurden jedoch nicht eingesetzt.
Nach Angaben der Landgerichts-Pressestelle hatte das Landgericht Ende 2018 75,5 Richterplanstellen. „Der errechenbare Bedarf liegt allerdings um über zehn Stellen höher“, sagt Dr. Jan Helmrich, Pressesprecher des Darmstädter Landgerichts. Im Januar 2011 – das sei die älteste Zahl, die er habe – seien es noch 80,5 Planstellen gewesen.
„Grundsätzlich ist es so, dass eine Überlastungsanzeige einer einzelnen Strafkammer nicht an das Land kommuniziert wird“, erläutert Helmrich. Vielmehr sei gerichtsintern zu prüfen, wie durch organisatorische Maßnahmen eine Entlastung herbeigeführt werden könne. Es sei aber auch nicht selten, dass trotz Überlastungsanzeige keine Abhilfe geschaffen werden könne, räumte Jan Helmrich ein. Planstellen könnten nicht spontan geschaffen werden: Sie stehen im Landeshaushalt und werden vom Landtag beschlossen. Zugenommen, so Helmrich, hat in Südhessen die Zahl an Wirtschaftsstrafverfahren. „Dies mag unter anderem auch daran liegen, dass in unmittelbarer Nähe zum hiesigen Gerichtsbezirk im Jahr 2010 die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschafts- und Umweltstrafsachen bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt eingerichtet worden ist.“
Das hessische Justizministerium verwies auf ECHO-Anfrage hingegen darauf, dass es an allen hessischen Landgerichten 409 Richterplanstellen gebe und es 2008 noch 394 Stellen waren. „Bei den Landgerichten sind von den 409 bestehenden Stellen derzeit knapp mehr als 398,5 Stellen besetzt, was einer Stellenabdeckung von circa 97,5 Prozent entspricht“, teilt die Pressestelle des Ministeriums weiter mit.
Aber Richterinnen und Richter sind nicht nur an Gerichten, sie können auch abgeordnet werden. 2018 waren 52 hessische Landgerichtsrichter an anderen Stellen (Ministerium, Bundesministerien, Landtag, Oberlandesgericht, Bundesgerichte, Staatsgerichtshof oder Juristenausbildung). Personeller Ersatz sei aber gewährleistet, versicherte das Justizministerium.
Die Hilfskammerrichter in Darmstadt haben 2018 jedenfalls helfen können. „Derzeit liegen keine aktuellen Überlastungsanzeigen vor“, sagt Pressesprecher Helmrich. „Die Hilfsstrafkammern 9a und 9b sind geschlossen worden.“