In der Lincoln-Siedlung hat die hessische Umweltministerin Priska Hinz einen Förderbescheid an die Wohnraumhilfe übergeben.
Von Bettina Bergstedt
In den 42 Einheiten in der Einsteinstraße sollen einmal Menschen leben, die einen günstigen Wohnraum brauchen. Foto: Torsten Boor
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DARMSTADT - 5,3 Millionen Euro – diese Summe umfasst etwa die Hälfte der Gesamtkosten für die 42 Wohnungen, die die Neue Wohnraumhilfe als Bauträger gemeinsam mit dem Planungsbüro „Faktor 10“ auf den Konversionsflächen der Stadt in der Lincoln-Siedlung umbaut und errichtet – zwei Passivhäuser für den sozialen Wohnungsbau. „Dies ist ein wegweisendes Modellprojekt“, sagte die hessische Umweltministerin Priska Hinz, „das wir fördern wollen: sozial, ökologisch, ökonomisch“ – ein Wohnbauprojekt, das dem Nachhaltigkeitsprinzip und dem Klimawandel geschuldet sei.
In den 42 Wohneinheiten in der Einsteinstraße sollen einmal Mieter mit Transferleistungen, Senioren, Alleinerziehende und Menschen mit Handicap leben – Menschen also, die einen günstigen Wohnraum brauchen. „Sozial“ und „neueste ökologische Standards“ sind bislang im Wohnungsbau eher eine Seltenheit, ökologische Baumaterialien sind weniger kostengünstig und Umbaumaßnahmen oft teurer als ein Abriss.
Petra Grenz und Folkmer Rasch vom Siedlungs- und Hochbau-Planungsbüro „Faktor 10“ hatten die zündende Idee: Nur das hintere Drittel des bestehenden Gebäudes sollte abgerissen werden und auf dieser Fläche ein Neubau entstehen, der mit Fahrstuhl und weiteren Maßnahmen komplett barrierefrei ausgestattet ist.
LAND GIBT 5,3 MILLIONEN EURO
Das neue Wohnprojekt des Bauträgers Neue Wohnraumhilfe – Gesamtkosten rund 10,3 Millionen Euro – wird mitfinanziert vom Land (5,3 Millionen Euro) und der Stadt (1,9 Millionen Euro).
Die Kaltmiete wird sich auf 6,50 Euro pro Quadratmeter belaufen, die Nebenkosten werden bei 2 Euro pro Quadratmeter liegen.
Die rollstuhlgerecht ausgebauten 20 Wohnungen im Neubau müssen entsprechend vermietet werden. (bbeg)
Zwei Vorteile resultieren daraus: „Neue Bausubstanz bedeutet schon bei der Herstellung der Materialien einen hohen Energieaufwand. Deshalb wollten wir so viel wie möglich erhalten. Zudem wollten wir im Bestand so wenig wie möglich grundlegend umbauen, was immer sehr aufwendig und teuer ist“, sagte Rasch. Da nicht alle Mieter sämtliche Maßnahmen für Barrierefreiheit benötigen, wird diese nur im Neubau verwirklicht. „So sparen wir durch die Kombination aus Alt und Neu eine Menge Geld.“
Dies durchzukalkulieren ist hochkomplex. Die altrosa Kacheln aus den sechziger Jahren werden im bestehenden Haus vielleicht überdauern, „die Einbauschränke sind toll“, begeistert sich Rasch, „die bleiben auch auf jeden Fall“. Mit dem Schallschutz steht es nicht zum Besten: So wird der Estrich erneuert und mit einer Schalldämmung unterlegt. Die Wohnungen sind unterschiedlich groß, der Grundriss kann teilweise flexibel gestaltet werden.
Für die Umsetzung des Passivhausstandards mit Energie-Plus-Option (darunter Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, sehr gute Wärmedämmung, Fenster mit Drei-Scheiben-Verglasung) wurde gemeinsam mit dem Institut Wohnen und Umwelt geplant, das eine wissenschaftliche Vorstudie erstellte und über zwei Jahre durch Mieterbefragung evaluierte, welche Konzepte im Alltag tatsächlich taugen – eine wichtige Zusammenarbeit für das Planungsbüro.
Dass genau dieser Punkt Bestandteil der neuen Richtlinie des Landes Hessen zur sozialen Mietwohnraumförderung ist, freute Rasch besonders: Demnach sollen „Modellprojekte“ künftig gefördert werden, wie etwa die Zusammenarbeit mit Instituten für eine wissenschaftliche Begleitforschung, kostengünstiges Bauen, Reduktion von Nebenkosten und des persönlichen Wohnflächenkonsums, Aufstockungen, Ausbau sowie gemeinschaftliche Wohnformen.
In den Ballungsräumen wird dringend Wohnraum benötigt, „und Darmstadt ist eine der aktivsten Städte, was den Wohnungsbau anbelangt“, sagte Hinz. Oberbürgermeister Jochen Partsch lobte die „Synergien in Darmstadt“, die im Zusammenspiel mit Fördergeldern dazu beitrügen, dass dynamisches Wachstum sich sehr gut mit ökologischen Rahmenbedingungen verbinden ließe. „Die ökologische Frage ist die soziale Frage des 21. Jahrhunderts. Dass Ökologie immer teuer ist, kann man hier widerlegen.“