Erstmal ist Tischerücken angesagt, damit die Schülerinnen und Schüler aus farbigen Wollfäden die Umrisse der Kontinente auf dem Steinfußboden formen können. „Ihr seid...
DARMSTADT. Erstmal ist Tischerücken angesagt, damit die Schülerinnen und Schüler aus farbigen Wollfäden die Umrisse der Kontinente auf dem Steinfußboden formen können. „Ihr seid jetzt die Weltbevölkerung“, sagt Pascal Kuhn von der „Initiative Nachhaltige Entwicklung“ der Hochschule Darmstadt zu den 14 Schülern, die sich nun als „Weltbevölkerung“ auf die Kontinente verteilen.
Am Dienstag war in der Oetinger Villa der „Alternative Bildungstag“, für den der Stadtschülerrat (SSR) Workshops zu Themen, „die in der Schule zu kurz kommen“ organisiert hatte. Über 100 Schülerinnen und Schüler aus weiterführenden Schulen waren gekommen, um sich beispielsweise über Nachhaltigkeit, Pornografie oder Adultismus zu informieren.
Den Nachhaltigkeits-Workshop veranstalteten neben Kuhn, Miriam Heil von Foodsharing Darmstadt und Astrid Weyand von der TU-Hochschulgruppe Nachhaltigkeit. Sie vermittelten die Dimensionen zur Weltbevölkerung und -umwelt. Und so standen sieben Schüler in Asien, je zwei in Europa und Afrika sowie je einer in Nord- und Südamerika. Australien und Ozeanien haben insgesamt um die 35 Millionen Einwohner, erklärte Pascal Kuhn, das seien in dem Modell Null.
Im weiteren wurde mit Stühlen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Kontinente illustriert, der Energieverbrauch und der Anteil an der Treibhausgasproduktion erst geschätzt und dann dargestellt. Was dazu führte, dass die zwei „Afrikaner“ wegen des kleinen BIP auf den Boden saßen, während die zwei „Europäer“ sich auf fünf Stühlen ausbreiten konnten.
Sozialpädagogin Christina Stappen informierte rund drei Dutzend Schülerinnen und Schüler über Pornografie. Erste Kontakte mit dem Thema hätten Schüler im Durchschnitt mit 14 Jahren, wies Christina Stappen in ihren Vortrag hin. Die breite Verfügbarkeit übers Internet führe aber zu einem „völlig verzerrten Bild“ der Sexualität, sagte sie. So gebe es bei chirurgischen Eingriffen in den weiblichen Intimbereich eine deutliche Steigerung. „Bis in die 90er Jahre gab es das nur bei medizinischer Notwendigkeit.“ Christina Stappen schilderte aus einer Nachbesprechung, die eine Schülergruppe wollte, das diese sich durch Pornografie in Rollen (aktiver Mann, passive Frau) gedrängt fühlten. Aber wenn man begreife, was passiert, könne man es auch beeinflussen, hätten die Schüler festgestellt.
Über „Adultismus“ berichtete Luisa Kleine vom „Naiv-Kollektiv“. Adultismus ist Diskriminierung von Kindern und Jugendlichen aufgrund Bequemlichkeit und Dominanz der Erwachsenen. „Es geht darum, dass man Menschen nach Bedürfnissen und Fähigkeiten behandelt“, erklärte sie den rund 40 Zuhörern. In der Nachbesprechung sagten Schüler, dass der Vortrag eine Art Aha-Erlebnis war. Dass man nicht für voll genommen wird, weil man jünger oder Kind ist, kannten viele. Jetzt könne man das aber benennen und thematisieren, fanden Teilnehmer.
Den „Alternative Bildungstag“ gebe es schon seit einigen Jahren, sagte Nicolai Koch vom Stadtschülerrat. Er liege bewusst außerhalb der Projekttage, weil die schon gut und „cool“ seien.
Wer zum „Alternativen Bildungstag“ und nicht in die Schule ging, bekam in der Villa eine Teilnahmebestätigung, dass man nicht die Schule geschwänzt habe. Es gebe eine Abmachung zwischen den Schulen und dem SSR, erklärte die städtische Jugendbildungsreferentin Eva Pelikan. „Das heißt aber nicht, dass alle Lehrer das anerkennen.“