Auf der Dachterrasse blinzeln die Weißgekleideten beim gemeinsamen Speisen in die Abendsonne, während der Bürgermeister Tischgarnituren holt.
Von Marc Wickel
Michaela Hamm-Kahle mit Avocado-Marzipan-Creme mit Himbeeren beim „Diner en blanc“ auf der Dachterrasse des Weiterstädter Medienschiffs.
(Foto: Marc Wickel)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
WEITERSTADT - Rund 200 Menschen sitzen bei sommerlichen Temperaturen draußen, sind aber doch in einem Gebäude. So verschieden die Truppe ist, die da am Samstag beisammen sitzt, eines eint sie: Alle sind von Kopf bis Fuß weiß gewandet, denn es ist „Diner en blanc“ in Weiterstadt.
Spannend ist die Ortsfrage. Wo man sich trifft, wird immer erst eine Stunde vorher mitgeteilt. Um 19 Uhr steht es auf der Facebookseite: „Das Diner en Blanc findet auf dem Dach des Medienschiffes (Stadtbücherei) in Weiterstadt statt.“ Man hätte es auch ahnen können, schon vorher waren weiße Gasluftballons am Terrassengeländer angebracht worden. Aber diesmal brauchen die Gäste ihre Stühle und Tische nicht mitbringen. Die stehen nach Absprache mit der Stadt schon.
Grüppchenweise kommen die Teilnehmer, auch mit Autos, der Parkplatz ist ja direkt vorm Gebäude. Über die Wendeltreppe schreiten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Körben und Kühlboxen flott in den zweiten Stock. Auch der kleine Aufzug hat Hochbetrieb, aus ihm kommen weiß gewandete Diner-Freunde ins Obergeschoss.
„Ich wusste gar nicht, dass es da eine Dachterrasse gibt“, freut sich eine Teilnehmerin, während sie mit der Hand über den Augen in die Abendsonne blinzelt, um ihre Freunde zu finden. Irgendwo im Gewusel der Menschen, die gerade Tische decken, müssen sie ja sein.
Wie alle anderen decken Sabine Schneider und Kerstin Reiter ihren Tisch, ziehen weiße Hussen über die Bänke und breiten eine Decke auf dem Tisch aus. Dann holen sie Teller, Gläser und Speisen aus ihren Körben. Am anderen Ende der Terrasse scheppert und klirrt es, beim Eindecken geht auch mal was zu Bruch. Woanders kann der Gau, Roter-Beete-Saft auf weißer Kleidung, durch aufmerksame Freunde gerade noch verhindert werden. Währenddessen werden Tische knapp, sodass Ralf Möller – die Bürgermeisterfamilie diniert mit – noch ein paar Garnituren von seinem nahen Zuhause holt.
Die Gerichte, die die Teilnehmer vorbereitet haben, sind sommerlich. Zum Beispiel gibt es Kiwi-Apfel-Pfirsich-Spieße, Cross-Over-Küche wie ein Carpaccio aus Kohlrabi mit Pinienkernen, Parmesan, Marinade und Petersilie oder die Avocado-Marzipan-Creme mit Himbeeren von Michaela Hamm-Kahle. „Eigentlich müsste noch der Zusatz à la Günther dazu“, erzählt die Köchin, da sie das Rezept von einem Freund habe. Für die Sommertage hat sie es verändert. „Eigentlich sind die Himbeeren heiß, aber für diesen Tag sind sie eisgekühlt.“
Die Organisatorinnen, die in Weiterstadt stets im Hintergrund bleiben, freuen sich, dass mit rund den 200 Teilnehmern dieses Mal so viele Menschen zusammengefunden haben. „Wir sind gerade ein bisschen überwältigt von der Resonanz“, sagen sie, sammeln sich kurz, und eröffnen um 20 Uhr das sechste Weiterstädter „Diner en blanc“.