Die in Seeheim ansässige Akademie Bergstraße für Ressourcen-, Demokratie- und Friedensforschung wurde von Henrik Paulitz gegründet und geleitet. Er hat Soziologie und Biologie studiert und arbeitet als politischer Referent in Berlin. Foto: Karl-Heinz Bärtl
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SEEHEIM-JUGENHEIM - Er ist nachdenklich. Wenn Henrik Paulitz etwas sagt, denkt er vorher lange darüber nach. Und spricht dann druckreif. Der Seeheimer ist ein Differenzierer und auch ein Beobachter der Weltlage. „Ein skeptischer Beobachter“, sagt er selbst über sich. Einen Eindruck bekommt man schnell: Paulitz ist ein Überzeugungstäter.
Vor zwei Jahren hat der Neunundvierzigjährige die „Akademie Bergstraße“ gegründet. „Ich komme aus der Friedensbewegung, zudem hat mich 1992 der Umschwung in der Verteidigungspolitik bewogen, mich mit dem Thema Krieg und Frieden noch intensiver zu beschäftigen. Damals zogen wirtschaftspolitische Interessen in die Verteidigungspolitik ein.“ Paulitz hat Soziologie und Biologie studiert, arbeitet als politischer Referent für einen Verband in Berlin. Mehr will er dazu nicht verraten. „Meinen Beruf und meine Akademie trenne ich strikt.“
Seine Akademie versteht er als Denkfabrik, als Teil eines Netzwerkes zum Thema Frieden. „Ich beschäftige mich mit energiewirtschaftlichen Fragen im Kontext der Friedenspolitik und mit den ökonomischen Hintergründen von Kriegen“, sagt er. Also: Kriegsursachen erforschen und daraus Handlungsempfehlungen ableiten. Drei Bücher hat er dazu bereits geschrieben (unter anderem „Anleitung gegen den Krieg“), ein viertes ist gerade in Arbeit, soll im Januar erscheinen. Titel: „Kriegsmacht Deutschland?“ Dessen Rolle sieht er kritisch und sorgenvoll. „Gerade wird Deutschland international zunehmend in die Pflicht genommen, sich auch verteidigungspolitisch neu zu positionieren. Das Argument, unser Wohlstand und unsere innere Sicherheit seien in Gefahr, wenn wir uns nicht als internationale militärische Ordnungsmacht stärker beteiligen, birgt für mich eine große Kriegsgefahr.“
FORSCHUNG
Die gemeinnützige Akademie Bergstraße für Ressourcen-, Demokratie und Friedensforschung ist ein Ein-Mann-Betrieb. Gründer und Inhaber Henrik Paulitz beschäftigt sich vor allem mit Konfliktanalysen und will mit seiner Akademie Lösungen zur Bewahrung des Friedens entwickeln.
Paulitz hält unter dem Label „Akademie Bergstraße“ vor allem deutschlandweit pro Jahr etwa ein Dutzend Vorträge zu den Ursachen und Strukturen von Kriegen und dazu, wie Kriege vermieden werden können. Im Netz gibt es auf www.akademie-bergstrasse.de eine umfangreiche Sammlung von bundesweiten Veranstaltungen von Friedensinitiativen. (bux)
Warum gibt es überhaupt Kriege? Darauf hat Paulitz eine klare Antwort und fasst den Kriegsbegriff betont weit. „Es geht um Energie, um Ressourcen. Und darum, genau das zu verschleiern als Kriegsmotiv. Durch Kriege werden Infrastrukturen zerstört, damit Energie verknappt, das treibt deren Preise hoch. Ein klarer Beleg für wirtschaftliche Interessen. In Kriegen werden zu 90 Prozent Zivilisten getötet. Durch Wirtschaftssanktionen, die sowohl eine Vorstufe zu einem Krieg sein können, wie auch eine Art nichtmilitärischen Kriegsführung sind, trifft man ebenfalls vor allem die Zivilbevölkerung und nicht etwa die Diktatoren.“
Nach Berufsjahren unter anderem in Brüssel lebt der geborene Baden-Badener seit 2012 in Seeheim. „Ich habe zum ersten Mal das Gefühl, angekommen zu sein. Es ist wunderschön hier.“ Seine Bücher schreibt er daheim im kleinen Büro in seinem Haus, in dem es früher eine Straußwirtschaft gab und auf Reisen im Zug. „Und auch in Cafés in Seeheim-Jugenheim.“ Die Recherche zu seinen Büchern dauert mitunter Jahre. „Das eigentliche Schreiben dann etwa ein Jahr.“
Einen Traum hat er für seine Akademie, die sich aus Spenden finanziert: „Eine vernünftige Förderung, um meine Unabhängigkeit zu gewährleisten.“