Hans Jürgen Klein und Stephen Strunz gehören zu den vier speziell ausgebildeten Elektrofischern im GAV Reinheim. Foto: Melanie Schweinfurth
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REINHEIM/ROSSDORF - Eigentlich ist der Sonnenbarsch hübsch anzusehen. Die Tiere, die Hans-Jürgen Klein und Stephen Strunz in die Netze ihrer Kescher gleiten lassen, sind prächtig gefärbt. Manche glänzen golden, andere rötlich, sobald die Sonne auf ihre Schuppen fällt. Dennoch dürfen die Fische nicht zurück ins Wasser.
„Sonnenbarsche stammen aus Nordamerika. Seit einigen Jahren finden wir sie immer häufiger in unseren Gewässern“, berichtet Hans-Jürgen Klein. Wie genau die Fische in den Ludwigsteich bei Roßdorf gelangt sind, kann niemand nachvollziehen. „Es ist aber wahrscheinlich, dass Aquarianer die Sonnenbarsche ausgesetzt haben. Hier in der Natur kommen sie gut zurecht und vermehren sich. Aber sie können zur Gefahr für unsere heimischen Arten werden, ihnen das Futter streitig machen und sie verdrängen“, erläutert der Naturschutzexperte des „Gewässerschutz- und Angelverein Reinheim-Ueberau“ (GAV).
Jene Tiere und auch Pflanzen, die in fremde Lebensräume einwandern und dort heimische Tier- und Pflanzenarten verdrängen können, werden invasive Arten genannt. Um welche Arten es sich genau handelt und wie sich ihre Bestände verändern, das dokumentiert der Gewässerschutz- und Angelverein auf seinem Gelände.
FAKTEN
Der Gewässerschutz- und Angelverein Reinheim-Ueberau (GAV) zählt 89 Mitglieder. Seit 1969 pflegt der GAV den Ludwigsteich bei Roßdorf, an dem 45 aktive Mitglieder angeln. Der Verein sorgt für den Erhalt heimischer Fischarten und schafft Lebensraum für weitere Tier- und Pflanzenarten wie die Ringelnatter.
In Reinheim hat der GAV das „Alte Wasserwerk“ übernommen und zu einem Lokal umgebaut. Seit 1987 führt Harald Heiligenthal den Verein. (scm)
Das Regierungspräsidium hat Interesse an den Daten
Dies tun die aktiven Mitglieder nicht nur zum eigenen Nutzen. Vielmehr sammelt der GAV für das Regierungspräsidium Darmstadt wichtige Daten, die Erkenntnisse über die Veränderungen im Gewässerlebensraum des Ludwigsteichs liefern.
Um einen möglichst genauen Überblick über die Bestände im Gewässer zu erhalten und um zu verhindern, dass sich vor allem der Sonnenbarsch zu stark entwickelt, bedienen sich Hans-Jürgen Klein und Stephen Strunz einer besonderen Methode – dem Elektrofischen. „Dabei wird ein elektrisches Feld ins Wasser gelegt, dessen Spannung zwischen 180 und 500 Volt beträgt“, erläutert Klein. Fische, die in dieses Spannungsfeld schwimmen, werden zur Anode gezogen, kommen dort an die Wasseroberfläche und lassen sich leicht mit dem Kescher abfischen.
Den Tieren schade diese Methode nicht. Zwar seien die Fische für kurze Zeit etwas benommen, doch erholten sie sich innerhalb weniger Minuten wieder. Kleine, junge Fische schwimmen tatsächlich teils schon nach Sekunden wieder davon, während große, ältere Exemplare wie ein Karpfen zur Regeneration etwas länger brauchen.
Die Elektrofischerei darf nur zu bestimmten Zwecken und nur von speziell ausgebildeten Personen betrieben werden. Im GAV Reinheim haben vier Mitglieder eine entsprechende Ausbildung. „Wir haben in den vergangenen Jahren eine umfangreiche Ausstattung für das Elektrofischen angeschafft“, sagt Vereinsvorsitzender Harald Heiligenthal. Etwa 50 000 Euro investierte der Verein dafür und gehört nun zu den wenigen Vereinen in Deutschland, die die Methode zur Bestandsaufnahme anwenden dürfen.
Nicht ohne Grund also hat der Verein, der 1966 als Angelsportverein gegründet wurde, seinen Namen geändert und seit 2000 den Gewässerschutz vorangestellt. In Kooperation mit der oberen Naturschutzbehörde leistet der GAV weitere bedeutende Beiträge zum Natur- und Gewässerschutz. Darunter Wiederansiedlungs- und Erhaltungsprojekte für europaweit geschützte Fischarten im Reinheimer Teich und im Landwehrgraben.
„An unserem Pachtgewässer Wembach haben wir die Angelei verboten, um den Bestand der einheimischen Bachforelle zu schützen“, erklärt Harald Heiligenthal. Jährliche Bestandskontrollen dokumentieren den Erfolg. In diesem Jahr hat der Verein Großes vor: Bevor der Unterlauf des Wembach verlegt wird, sollen die Fische ebenfalls mittels Elektroabfischung verlegt werden.