Mitten in Reinheim entstanden Appartements für Menschen mit Behinderung
Von Melanie Schweinfurth
Das „Meyersche Fachwerk“ (links) und das benachbarte ehemalige Möbelhaus in Reinheims Ortsmitte wurden von der Grundstücksgemeinschaft Hessel saniert und zu einem Wohnprojekt für Menschen mit Behinderung umgebaut. Foto: Melanie Schweinfurth
( Foto: Melanie Schweinfurth)
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REINHEIM - Dass noch vor wenigen Jahren mitten im alten Reinheimer Ortskern ein Möbelhaus stand, ist heute kaum mehr vorstellbar. Auch der offene, großzügige Innenhof, eingerahmt von einer architektonischen Mischung aus Jahrhunderte altem Fachwerk und moderner Baukunst, wirkt, als sei er schon immer so gestaltet.
Dabei ist das Ensemble zwischen Kirch- und Friedrichstraße das Ergebnis zweijähriger Planung und Verhandlung und anschließendem Entkernen, Sanieren und sukzessivem Erneuern. Die Grundstücksgemeinschaft der Brüder Karl-Dieter und Manfred Hessel hatte das einstige Möbelhaus in der Friedrichstraße und das zur Kirchstraße angrenzende „Meyersche Fachwerkhaus“, das 1608 erbaut wurde, erworben. Die neuen Eigentümer ließen das eine umfänglich renovieren, das andere zu Wohnzwecken komplett umbauen.
„Der gesamte Komplex war anfänglich geschlossen. Der Innenhof war bis auf wenige Quadratmeter überbaut, und es gab keine Hofeinfahrt vonseiten der Friedrichstraße“, erläutert Karl-Dieter Hessel. Die Grundstücksgemeinschaft beauftragte Architekt Thomas Hartmann, ein neues Konzept für die Gebäude und den Hof zu erarbeiten. So wurden die Elemente im Innenhof abgebrochen, um Freiraum zu schaffen. Eine große Einfahrt macht nun den Hof zugänglich.
Die baulichen Besonderheiten sind verknüpft mit dem Wohnkonzept. Denn Karl-Dieter und Manfred Hessel ließen im ehemaligen Möbelhaus sechs je etwa 30 Quadratmeter große Appartements errichten, in denen Menschen mit Behinderungen leben. Alle Appartements sind barrierefrei zugänglich, zwei sind zudem rollstuhlgerecht ausgebaut.
Betreut werden die Bewohner von Mitarbeitern der Nieder-Ramstädter Diakonie (NRD), die in einem Teil des „Meyerschen Fachwerkhauses“ ihre Büro- und Versammlungsräume haben. Im übrigen Teil des historischen Schmuckfachwerks ist Raum für ein Geschäft und vier Wohnungen entstanden. „Wir haben nicht nur ein großes Interesse am Erhalt historischer Gebäude, die für das Ortsbild bedeutend sind“, sagt Karl-Dieter Hessel. „Uns ist ebenso wichtig, einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten.“
Das jüngste Bauprojekt ist also auch ein integratives. Denn die Mieter im Haus für betreutes Wohnen leben in Reinheim nun städtebaulich und gesellschaftlich mittendrin. Das Kulturzentrum Hofgut, die auch bei den Bewohnern beliebte Stadtbücherei und der Park sind nur wenige Schritte entfernt. Zudem ist geplant, im neu entstandenen Innenhof Konzerte zu veranstalten. Auch waren schon während der Sanierungs- und Umbauarbeiten die Nachbarn in alle Vorhaben eingebunden. Viele kamen nun auch zur offiziellen Vorstellung des neuen Wohnprojekts.
„Die Zeiten, als Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung an den gesellschaftlichen Rand abgeschoben wurden und Teilhabe nicht erwünscht war, sind glücklicherweise vorbei“, sagte Reinheims Bürgermeister Karl Hartmann (SPD). „Diese neue Einrichtung in alten Mauern ist ein weiterer Schritt zu einer großartigen Veränderung.“