Haie im Aquarium - seit Wochen gibt es wegen des in Pfungstadt geplanten Projekts Shark City Streit. Für die Gegner von Europas größtem Hai-Aquarium ist das Halten der Tiere dort inakzeptabel. Dagegen sieht Hai-Verhaltensforscher Dr. Erich Ritter, der auch Schirmherr des Vorhabens ist, in Shark City eine Chance.
Von Wolfgang Görg
Lokalredakteur Darmstadt-Dieburg
Über die Welt der Haie hat Erich Ritter im Saalbau-Kino in Pfungstadt referiert. Foto: Karl-Heinz Bärtl
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PFUNGSTADT - Haie im Aquarium - seit Wochen gibt es wegen des in Pfungstadt geplanten Projekts Shark City Streit. Für die Gegner von Europas größtem Hai-Aquarium ist das Halten der Tiere dort inakzeptabel. Dagegen sieht Hai-Verhaltensforscher Dr. Erich Ritter, der auch Schirmherr des Vorhabens ist, in Shark City eine Chance. Unterschiedliche Positionen prallen aufeinander.
Beide Seiten werfen sich fehlende Fachkenntnis vor. Beispiel Lebensdauer. "Es steht außer Frage, dass im Freiwasser lebende Haie und nicht aktiv atmende Riffhaie bei Weitem nicht so lange in Aquarien überleben wie in freier Natur", heißt es in einem Dossier der Tierschutzorganisation Sharkproject. Als Beleg werden unter anderem Sandtigerhaie, Große Hammerhaie, Weißspitzenhochseehaie, Tigerhaie und Blauhaie herangezogen, die in verschiedenen namentlich genannten Aquarien nur wenige Jahre überlebt hätten. Ritter lässt dies nicht gelten. Von diesen genannten Haiarten seien nur Sandtigerhaie in Pfungstadt vorgesehen. Zudem sei dies die einzige Art, über die es verlässliche Altersschätzungen gebe.
Ritter erklärt, dass in Pfungstadt keine großen Hochseehaie ins Becken kämen: "Es werden nur Tiere eingesetzt, die in Aquarien leben können." Bei Kritikern wie Markus Trösch sind damit die Bedenken nicht ausgeräumt, da es noch keine Besatzliste gebe. In einem Dossier verweist Sharkproject auf Infektionskrankheiten, unter denen Haie in Aquarien litten. Für Shark City will Ritter das ausschließen. Die in der Anlage vorgesehene Technik verhindere solche Krankheiten. Auch werde das Wasser regelmäßig kontrolliert. Zudem: "Haie sind robuste Tiere", sagt der Verhaltensforscher. Durch die Auswahl der Tiere sei zudem gewährleistet, dass die Haiarten in dem 10,5 Millionen Liter fassenden Becken zusammenleben könnten. Im Gegensatz zu den Projektgegnern sieht er dabei keine Probleme.
ZUR PERSON
Der in der Schweiz geborene Zoologe und Paläontologe Dr. Erich Ritter arbeitet seit mehr als 35 Jahren mit Haien. Er gilt als der einzige experimentelle Verhaltensforscher, der sich mit der Hai-Mensch-Interaktion befasst. 1996 gründete er die Shark School, um das Wissen an die breite Öffentlichkeit zu bringen. Es ist nach eigenen Angaben die erste und einzige Institution, die jedem die Möglichkeit bietet, sich im Bereich der angewandten Interaktion mit Haien ausbilden zu lassen.
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Die Größe des Beckens erachtet Ritter als Vorteil. Schließlich kämen die meisten Tiere für Pfungstadt aus anderen, kleineren Becken. Die Herkunft der Haie wird kontrovers diskutiert. Nach Angaben von Shark City sollen 15 Prozent der 150 Tiere Wildfänge, also im Meer gefangen sein. Der Rest soll aus Aquarien stammen. Während Sharkproject befürchtet, dass die Herkunft der Haie verschleiert werde, verweist Ritter darauf, dass es weltweit drei Händler gebe, die mit Behörden zusammenarbeiteten. Dadurch sei Transparenz gewährleistet.
Grundlegend gegensätzlicher Ansicht sind Projektgegner und Verhaltensforscher Ritter beim Nutzen von Shark City. "Wir wollen die Besucher für Haie sensibilisieren", sagt Ritter. Während nach Auffassung von Sharkproject dies auch mithilfe von Filmen möglich ist, setzen die Aquariumsbetreiber auf Schaubecken.
"In einer Doku muss der Betrachter dem Regisseur folgen. Im Aquarium kann das jeder selbst erleben. Und er bekommt Fragen beantwortet", sagt Ritter.
Warum Haie mehr Aufmerksamkeit verdienten, zeigte der 59-Jährige am Dienstagabend im Saalbau-Kino, wo er mit einer Filmdoku für das "größte Raubtier, das mehr als 50 Kilo wiegt", warb. Eine Ehrenrettung für die Tierart. "Haie sind unseren Haustieren ganz ähnlich", sagt der Haiforscher. Die Tiere spielten und seien nicht gefährlich, wenn sich der Mensch angemessen verhalte. Dafür gab Ritter, der in Florida und auf den Bahamas forscht, mithilfe der Dokumentation Tipps.
Haie sind aus der Sicht von Ritter seit Millionen von Jahren "Kontrolleure in den Meeren" und deswegen für das Öko-System wichtig. Es habe daher gravierende Folgen, wenn jedes Jahr rund 100 Millionen Haie abgeschlachtet werden - auch für den Menschen. "Wir brauchen deshalb eine Lobby für die Haie", appellierte er am Dienstag an die gut 100 Kinobesucher.