Von Ober-Ramstadt aus koordiniert die Tierärztin Ilse Köhler-Rollefson Hilfe für Hirtenvölker
Von Miriam Gartlgruber
Von Ober-Ramstadt aus unterstützt die Tierärztin Ilse Köhler-Rollefson mit dem von ihr gegründeten Verein Hirtenvölker auf der ganzen Welt. Foto: Karl-Heinz Bärtl
( Foto: Karl-Heinz Bärtl)
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OBER-RAMSTADT - „Tiere gehören in die Landschaft, nicht in den Stall“, diese Auffassung vertritt Dr. Ilse Köhler-Rollefson. Für sie gehören Ackerbau und Viehzucht zusammen. Die studierte Tierärztin ist deshalb auch die Vorsitzende der „Liga für Hirtenvölker“. Mit dem Verein mit diesem ein wenig kurios anmutendem Namen kümmert sich Köhler-Rollefson um nachhaltige Landwirtschaft und setzt sich weltweit für die Rechte der Hirtenvölker ein.
Gegründet hat die Ober-Ramstädterin den Verein 1992. „Ich habe mich damals im Nahen Osten in die Kamele verliebt und meine Doktorarbeit über ihre Domestizierung geschrieben“, berichtet sie. Während ihrer Forschungsarbeiten seien immer wieder Kamele an einer unbekannten Krankheit gestorben und die Besitzer hätten Rat bei ihr gesucht. „Ich habe eine spontane Hilfsaktion gestartet und dabei ist mir bewusst geworden, dass die Hirtennomaden auf der ganzen Welt Unterstützung brauchen können“.
Die Vereinsarbeit hat sich nach der Gründung mit der Zeit immer weiter entwickelt. Regelmäßig sind sie und ihre Mitstreiter in Indien. Dort konnte in Rajasthan kürzlich eine Molkerei unterstützt werden, „auch dank der großzügigen Spende eines Mitgliedes aus Darmstadt.“ Der Verkauf von zehn Litern Kamelmilch am Tag kann dort beispielsweise das Überleben einer ganzen Familie sichern, erklärt die Vorsitzende, die all das von Ober-Ramstadt aus koordiniert.
KONTAKT
Wer Interesse an der Liga für Hirtenvölker hat, mitmachen oder spenden möchte, kann Kontakt mit den Verantwortlichen aufnehmen.
Telefonnummer, E-Mail-Adresse und weiter Informationen gibt es auf der Homepage www.liga-fuer-hirtenvoelker.org. (gartl)
Die Liga arbeitet außerdem mit Partnern in Uganda und Kenia zusammen. Und sogar auf UN-Ebene ist der Verein laut Köhler-Rollefson aktiv, ermöglicht Vertretern von Hirtenvölkern, regelmäßig an Treffen mit Regierungsvertretern teilzunehmen, um ihre Perspektive und ihre Sorgen kommunizieren zu können.
„Hirten gibt es seit 9000 Jahren, hunderte solcher Völker sind weltweit unterwegs, darunter Hirtennomaden, die mit ihren Schafen, Rindern, Lamas oder Kamelen auf Wanderschaft sind. Sie sichern die Welternährung in Gebieten, in denen kein Ackerbau betrieben wird“, erläutert die Tierärztin. Das System beruhe dabei alleine auf der Sonnenenergie, die Tiere seien wie Mähdrescher unterwegs, „sie ernten die Pflanzen und wandeln sie in hochwertige Nahrungsmittel, in Wolle oder Dünger um“.
Für Ilse Köhler-Rollefson ist diese Art der Nutztierhaltung das ideale Modell: „Menschen und Tiere leben in einer Symbiose zusammen: Die Tiere werden genutzt, aber nicht ausgenutzt“. Das ist der Tierärztin sehr wichtig.
Mittlerweile habe die Arbeit des Vereins auch auf der internationalen Ebene zu einem ersten Umdenken beigetragen, berichtet Köhler-Rollefson: „Es hieß lange Zeit, Hirten seien rückständig und müssten sesshaft werden. Heute aber setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass die Hirtenvölker bereits das ideale Zukunftsmodell leben“. Die Nutztierhaltung in unseren Breiten stecke schon lange in der Krise. „Die Massentierhaltung ist so schrecklich, dass viele Vegetarier oder Veganer werden. Ich kann das gut verstehen, aber wenn das konsequent umgesetzt wird, haben wir irgendwann nur noch Hunde und Katzen auf der Welt.“ Ihrer Ansicht nach erhält eine vernünftige Haltung der Nutztiere „das Band der Nahrung.“ Auch die Schäfer in Deutschland seien dafür wichtig, „sie gehören zu den Hirtenvölkern und tragen auch zur Landschaftspflege bei: Die Beweidung ist hier die am häufigsten angeordnete Naturschutzmaßnahme“.