Erstes Theaterfest der Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule in Ober-Ramstadt
Von Sebastian Philipp
Sechs verschiedene Stücke wurden zum ersten Theaterfest an der Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule aufgeführt. In „…genug davon!“ (hier im Bild) wurde das Thema Mobbing aufgegriffen. Foto: Sebastian Philipp
( Foto: Sebastian Philipp)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
OBER-RAMSTADT - Am Ende greift er zur Pistole. Das Licht geht aus. Unter den Schülern ist es beinahe mucksmäuschenstill. Fast spürbar ist die Erwartung, dass jetzt ein Schuss den tragischen Schlussstrich unter diese Geschichte ziehen wird. Doch David nimmt sich nicht das Leben, obwohl er in den letzten Minuten Mobbing der übelsten Sorte erlebt hat. Wäre es allerdings nicht nur ein Theaterstück gewesen, wer könnte die Hand ins Feuer legen, dass es in der Realität nicht anders ausgegangen wäre?
Als das Licht wieder angeht, brandet Applaus auf. Schon den ganzen Tag präsentieren die Schüler der Georg Christoph Lichtenberg-Schule (GCLS) die Ergebnisse ihrer Kurse im „Darstellenden Spiel“. Denn ein Theaterfest stand am Mittwoch auf dem Stundenplan, in dieser Form eine echte Premiere. Mittlerweile sitzen David Sartipi (17), der im Stück „…genug davon“ das Mobbingopfer spielte und Jonas Halm (18), einer der „Haupttäter“, wieder gemütlich beisammen. Schließlich sind sie im richtigen Leben Freunde.
Von den Szenen tief bewegt
Die Szenen, die sie gemeinsam mit Mitschülern und unter der Leitung ihrer Lehrerin Catherine Damoiseaux einstudiert en, haben sie tief bewegt. „Das war schon sehr schwer, sich in diese Rolle einzufügen“, sagt David, der erst lernen musste, die echten Emotionen unter Kontrolle zu halten. „Es war auch mal krass, ihn so zu sehen“, betont Jonas, der in dem Stück erfahren muss, wie es ist, vom umschwärmten Star an der Schule zum Außenseiter zu werden, nachdem er sich im Sport verletzte und plötzlich nicht mehr zur coolen Clique gehört.
PROFIL
Die Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule ist eine integrierte Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe und zählt mit etwa 1250 Schülerinnen und Schülern zu den größeren im Landkreis.
In ihrem Leitbild orientiert sie sich an einem Zitat ihres Namensgebers, der 1742 in Ober-Ramstadt geboren wurde und unter anderem als bedeutender Professor für Experimentalphysik und Begründer des Aphorismus in die Geschichte einging: „Alles ist sich gleich, ein jeder Teil repräsentiert das Ganze.“ (phil)
„Ich habe so etwas erlebt“, zieht Damoiseaux Parallelen zur Wirklichkeit. Als vor einigen Jahren ein Schüler wegen seines Aussehens bloßgestellt wurde, musste sie einschreiten und die Probleme vor der Klasse thematisieren. Da sei damals auf der einen Seite der kluge Schüler gewesen und auf der anderen ein „nicht ganz so kluger“, der allerdings Geld und die besseren Klamotten auf seiner Seite hatte. Am Ende entschuldigte er sich glücklicherweise dafür, dass er sein Opfer so gedankenlos diskreditiert hatte.
Auch Hamid Shahvari, Ehtiklehrer an der Schule, nutzte die Nachbesprechung des Theaterstücks. „Es wird unterschätzt, wie viele Situationen aus der Ich-Perspektive extrem wirken“, nahm er die Sicht von Mobbing-Opfern ein. Die Rückmeldungen aus den Reihen der Schüler fielen sehr reflektiert aus. Der allgemeine Tenor: Mit zunehmender Reife jedes Einzelnen spielt Mobbing eine deutlich untergeordnete Rolle.
Auch andere Theaterstücke der insgesamt sechs Kurse im Darstellenden Spiel griffen aktuelle Themen auf. Bei „Romeo und Julia in der Stadt“ wurde der klassische Shakespeare-Stoff auf eine „verbotene Liebe“ zwischen einem Deutschen und einem aus dem Iran geflüchteten Mädchen übertragen. Julia Castritius, die mit ihren Schülern der Jahrgangsstufe 10 „Der kleine Prinz“ einstudiert hatte, thematisierte darin Erfahrungen, die Teil des Heranwachsens sind.
Ruth Cockelmann, Fachsprecherin im Bereich „Darstellendes Spiel“, versprach, dass solch ein Theaterfest im neuen Schuljahr auf jeden Fall wiederholt werde. „Denn die Schüler lernen in der Auseinandersetzung mit anderen sich selbst neu kennen.“