Die Zahl der Asylbewerber, die nach Darmstadt-Dieburg kommen, geht zurück. Die Gemeinschaftsunterkünfte sind deshalb nicht mehr ausgelastet. Das kostet den Landkreis Geld.
Von Wolfgang Görg
Lokalredakteur Darmstadt-Dieburg
Der ehemalige Waldgasthof Storckebrünnchen bei Weiterstadt steht leer. Vor wenigen Jahren waren dort noch Flüchtlinge untergebracht.
(Archivfoto: Karl-Heinz Bärtl)
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DARMSTADT-DIEBURG - Der Ansturm ist vorbei. Immer weniger Flüchtlinge kommen nach Deutschland und damit auch nach Darmstadt-Dieburg. Die Folge: Die vom Landkreis gemieteten Unterkünfte sind längst nicht mehr ausgelastet. Das kostet den Kreis Geld. Dennoch werden die Wohnungen dringend benötigt.
Genau 3288 Plätze hat der Landkreis in Gemeinschaftsunterkünften angemietet. Davon sind derzeit 529 frei. Jeder unbelegte Platz schlägt jeden Monat mit 380 Euro zu Buche, für die der Kreis alleine aufkommen muss. „Dieser Betrag ergibt sich aus dem Gesamtaufwand, den wir haben“, sagt Susanne Stockhardt, Fachbereichsleiterin Zuwanderung im Landratsamt. Im Monat summiert sich das auf 200 000 Euro, weil weniger Schutzsuchende gekommen sind, als noch vor wenigen Jahren prognostiziert worden ist.
Es kommen längst weniger Menschen an
„Wir rechnen jede Woche noch mit zehn Asylsuchenden“, beschreibt Susanne Stockhardt die aktuelle Situation. Sie kann sich noch an 2016 erinnern, als wöchentlich bis zu 170 Menschen unterzubringen waren. Entsprechend hatte der Kreis damals Unterkünfte angemietet, die jetzt nicht mehr benötigt werden.
3228 GEFLÜCHTETE
Im Landkreis Darmstadt-Dieburg zum Stichtag am 1. Februar gab es 3228 Flüchtlinge. Davon haben 1404 das Asylverfahren abgeschlossen und sind anerkannt und haben ein Bleiberecht. Bei den anderen Schutzsuchenden laufen die Verfahren noch. Im vergangenen Jahr lebten am 1. Februar 3522 Geflüchtete im Landkreis. (wog)
Das Storckebrünnchen bei Weiterstadt steht inzwischen schon lange leer. Die ehemalige Gaststätte mit Pension wird nicht mehr benötigt. Der Landkreis will die Immobilie, in der rund 40 Flüchtlinge gelebt haben, verkaufen. Auch die Unterkunft im ehemaligen Seniorenheim „Linde“ in Jugenheim ist nicht ausgelastet. Einfach kündigen kann der Landkreis nur schwer, einige Mietverträge sind auf zehn Jahre abgeschlossen. Auch deshalb werden die Unterkünfte anders genutzt.
Darin leben nicht mehr nur Asylbewerber, die noch auf ihre Anerkennung warten. Das sind gut 1350 Schutzsuchende. In den Unterkünften sind auch 1404 Flüchtlinge untergebracht, die inzwischen anerkannt sind und ein Bleiberecht haben. Laut Landesaufnahmegesetz müssten sie sich eine eigene Wohnung suchen und dürften nicht mehr in den Gemeinschaftsunterkünften leben.
„Wohnungen sind aber in unserer Region kaum bezahlbar“, sagt Sozialdezernentin Rosemarie Lück (SPD) und weist auf ein Dilemma hin. Sie hat daraus Konsequenzen gezogen. Die Flüchtlinge mit Bleiberecht, die keine Wohnung finden, dürfen weiter in der Unterkunft bleiben. Dass der Kreis sie unterbringt, entlastet vor allem die Kommunen. Die Städte und Gemeinden sind nämlich verpflichtet, Menschen ohne Obdach unterzubringen. Aber auch dafür haben die Kommunen kaum mehr Plätze. Der Kreis hilft aus. „Wir wollen den Geflüchteten die Obdachlosigkeit ersparen und die Kommunen nicht weiter belasten“, begründet Dezernentin Rosemarie Lück das Vorgehen. Hessenweit sei das „einmalig“.
Diese Praxis entlastet den Landkreis, weil er Geld für die dadurch belegten Wohnungen bekommt. Denn die anerkannten Flüchtlinge müssen ein Nutzungsentgelt, also eine Art Miete, bezahlen. Aber auch dabei gibt es Unterschiede. Für die Menschen, die keine Arbeit haben, kommt die Kreisagentur für Beschäftigung oder das Sozialamt auf. Wer Arbeit hat, muss selbst zahlen. Allerdings nicht den vollen Betrag, sondern maximal 194 Euro. Das besagt die Sozialklausel, die der Landkreis eingeführt hat. „Wir wollen damit den Anreiz beibehalten, eine Arbeit aufzunehmen. Der ist nicht da, wenn vom Lohn nichts mehr übrig bleibt“, begründet Dezernentin Lück die Praxis. Wie hoch der Betrag ist, der aus der Kreiskasse draufzulegen ist, ist aktuell schwer zu ermitteln.
Um die Belastung zu senken, will Susanne Stockhardt die Zahl der Unterkünfte reduzieren. „Auslaufende Verträge werden nicht verlängert. Wir versuchen auch, laufende Verträge zu kündigen“, sagt sie. 2018 ist das bei 68 Wohnungen gelungen, die der Landkreis bei Städten und Gemeinden angemietet hatte.