Dienstag,
03.12.2019 - 04:30
4 min
Pfungstädter-Brauerei-Umzug: viele Fragen offen
Von Wolfgang Görg und Anja Ingelmann

Ihren Standort an der Eberstädter Straße will die Pfungstädter Brauerei verlassen. Ein Investor plant, sie im Süden neu zu errichten und das jetzige Betriebsgelände in ein Wohnquartier umzuwandeln. Foto: Torsten Boor
PFUNGSTADT - Eine Umsiedlung soll die Pfungstädter Brauerei retten. In der vergangenen Woche haben Unternehmen und Stadt die Pläne vorgestellt. Auf Kritik stößt der Standort des neuen Brauhauses. Auch die Person des potenziellen Investors sorgt für Gesprächsstoff. Am heutigen Dienstag diskutieren zwei Ausschüsse des Stadtparlaments um 19 Uhr im Alten Rathaus über das Eckpunktepapier und treffen eine Vorentscheidung zu einem Projekt, das einige Fragen aufwirft.
Was ist überhaupt geplant?
Kern der Planung sind der Verkauf und der Umzug der Pfungstädter Brauerei. Der Investor Uwe Dieter Krück will das 1831 gegründete und sich noch in Familienbesitz befindliche Unternehmen übernehmen und auch das Gelände des stillgelegten Schwimmbads im Süden der Stadt kaufen. Dort will er bis 2023 "die modernste Brauerei der Welt" errichten. Auf dem derzeitigen Betriebsgelände in der Stadtmitte will Krück ein neues Wohnquartier errichten.
Wer ist der Investor?
Uwe Dieter Krück hat einen Wohnsitz in Bad Homburg und ist Geschäftsführer der Spectrum Invest GmbH (Frankfurt) und der Crugers Brau GmbH (München). Vor einem Jahr wollte er eine Brauerei in Bad Homburg bauen, war sich aber nach Angaben der Stadt nicht mit den Grundstückseigentümern einig geworden. Als Referenzprojekte nannte Krück der Brauerei den Mobimo-Tower in Zürich mit 200 Millionen Franken Invest und das Ibis-Hotel an der Messe Frankfurt. Dem gegenüber stehen eine Bewährungsstrafe, ein Gerichtsverfahren (unter anderem wegen schwerem Betrug und Untreue), geplatzte Deals wie für das MLP-Hochhaus in Heidelberg und den Alexa Tower in Berlin sowie mindestens drei Insolvenzen. Brancheninsider sprachen von einer "langen Brandspur". Laut Handelsregister war Krück früher bereits Geschäftsführer vieler anderer Unternehmen.
Kommentare

Wolfgang Görg
Kommentar zur Brauereiumsiedlung: Infos fehlen
Was verspricht sich die Brauerei von der Umsiedlung?
Ein Neubau ermögliche eine deutlich effizientere Produktion bei geringeren Unterhaltungskosten und ohne Investitionsstau wie am jetzigen Standort, sagte Brauerei-Geschäftsführer Stefan Seibold.
Wie ist die wirtschaftliche Lage der Brauerei?
Pfungstädter hat schon lange zu kämpfen, der letzte Gewinn liegt Jahre zurück. Mit dem letzten Sanierungsprogramm 2017 fielen 35 Stellen im Vertrieb weg, 2,5 Millionen Euro habe man damit nach Angaben von Seibold gespart. Im vergangenen Jahr verzeichnete Pfungstädter beim Ausstoß einen Rückgang auf 200 000 (2017: 220 000) Hektoliter, zuzüglich 30 000 Hektoliter Handelsware. Der Umsatz ging auf 20 (24) Millionen Euro zurück. Angepeilt hatte man 25 Millionen mit Blick nach oben. Die anvisierte schwarze Null wurde im operativen Geschäft nicht erreicht. In diesem Jahr machte sich dann verstärkt das Gasthöfe-Sterben bemerkbar. Bis zum Sommer sank die Zahl der Gastronomiekunden auf 2000 (2200). Mit zwei zusätzlichen Großveranstaltungen und der Erhöhung des Exportanteils auf 25 (20) Prozent will Pfungstädter in diesem Jahr dennoch das Vorjahresniveau halten.
Was verspricht sich die Stadt von der Umsiedlung?
"Wir wollen den Brauereistandort Pfungstadt und die 100 Arbeitsplätze erhalten", lautet das Credo von Bürgermeister Patrick Koch (SPD). Seit gut zwei Monaten verhandelt er mit der Brauerei und dem potenziellen Investor über ein Rettungsszenario für die angeschlagene Brauerei. "Wer gegen den Umzug ist, stimmt für den Untergang der Brauerei", fasst Koch seine Position zusammen. Auch für SPD, CDU, FGL, Freie Wähler und FDP steht bislang der Erhalt der Brauerei im Vordergrund. Die Stadtplaner erhoffen sich zudem, dass in bester Citylage ein neues Stadtquartier entsteht. Pläne dafür liegen aber nicht vor.
Wie will sich die Stadt absichern?
Pfungstadt will den Investor verpflichten, das Grundstück des alten Bades zurückzugeben, sollte die Brauerei nicht gebaut werden. Offen bleibt, wie das Areal dann noch genutzt werden könnte.
Was passiert mit dem Schwimmbad?
Der Umzug der Brauerei in den Süden der Stadt würde die bisherige Planung für ein neues Schwimmbad zu Makulatur werden lassen. Ein Alternativstandort ist noch nicht gefunden. Bürgermeister Koch hat angekündigt, bis Ende Januar ein Konzept samt Gelände vorzulegen.
Was sind die Hauptkritikpunkte?
Die Umsiedlung der Brauerei stößt in erster Linie wegen des vorgesehenen Standorts auf Kritik. "Das was wir in jahrelanger ehrenamtlicher Tätigkeit erarbeitet haben, ist durch die Planung der Brauerei wertlos", sagt der Sprecher des Dachverbands Schwimmen, Holger Heisel. In den vergangenen Jahren hat er ein Konzept ausgearbeitet, das Stadt und Stadtverordnetenversammlung bislang unterstützt haben. Nicht nur das könnte aus Sicht von Bernhard Jäger vom Dachverband obsolet sein. Er befürchtet zudem, dass ein Neubau an einem anderen Standort so teuer wird, dass die Badpläne komplett scheitern. Diese Befürchtung teilen die Unabhängigen Bürger. Der Grünen-Ortsverband fordert eine "sorgfältige ökologische Abwägung". . Kommentar