Interview: Monika Abendschein vom Landkreis Darmstadt-Dieburg über Frauen in der Politik
Monika Abendschein setzt sich für Chancengleichheit von Frauen ein. Foto: Landkreis
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DARMSTADT-DIEBURG - Am 12. November 1918 ist in Deutschland das Frauenwahlrecht eingeführt worden. Trotzdem sind Männer und Frauen in den Parlamenten auch fast 100 Jahre später nicht gleich vertreten. Für die Politik im Landkreis hat Monika Abendschein, die Leiterin des Büros für Chancengleichheit bei der Kreisverwaltung, gemeinsam mit ihrer Kollegin, der Frauenbeauftragten Brigitte Hartwig, ein Auge darauf.
Frau Abendschein, nur rund ein Drittel der Parlamentarier im Landkreis sind Frauen. Wieso ist es denn so wichtig, dass es Fifty-Fifty wird?
Das ist meines Erachtens ein Gebot der Gleichberechtigung, denn einig sind sich fast alle: Politik braucht die Erfahrungen, das Wissen und die Kompetenz von Frauen und Männern. Die gesellschaftlichen Verhältnisse, oder sagen wir besser die vielfältige Lebensrealität von Frauen und Männern sind unterschiedlich und wirken sich eben auch unterschiedlich auf die Menschen aus. Das sollte in der Kommunalpolitik berücksichtig werden.
Warum engagieren sich weniger Frauen als Männer in der Kommunalpolitik?
Hierzu gibt es Studien, die zum Beispiel besagen, dass Parteien die Frauen kaum bei der Nominierung für die Wahllisten auf dem Schirm haben, höchstens dann, wenn die Wahlchancen aussichtslos sind. Ein weiterer Grund ist die hohe zeitliche Belastung, die ein Amt in der Kommunalpolitik mit sich bringt. Abende und Wochenenden sind selten frei und das lässt sich nicht mit der Familienarbeit vereinbaren, besonders dann nicht, wenn die Kinder noch klein sind. Notwendig ist auch, dass Frauen mehr Selbstbewusstsein beim kommunalpolitischen Engagement zeigen. Hier heißt es, neue Strategien finden, Netzwerke bilden und andere Zeitmodelle diskutieren.
ZUR PERSON
Monika Abendschein leitet das Büro für Chancengleichheit des Landkreises. Sie ist die Herausgeberin der Broschüre "Frauen in die Kommunalpolitik", die den Frauenanteil in den Gremien des Kreises ausgewertet hat.
Ihr Büro setzt sich dafür ein, Chancengleichheit von Frauen und Männern zu erreichen. Dazu gehört etwa, Ungleichheiten zu analysieren, öffentlich zu machen und Projekte dagegen zu unterstützen. (jah)
Wer kann sich dafür stark machen, diese Hürden zu überwinden?
Wir haben in unserer Broschüre das gute Beispiel aus Groß-Umstadt. Dort haben sich Politikerinnen zusammengetan und sind das Thema konkret angegangen. Sie haben Handlungsempfehlungen für die Parteien erarbeitet und haben es geschafft, dass sich der Anteil der Frauen erhöht hat. Dazu gehören auch unter anderem niedrigschwellige Formen der Mitarbeit, also auch kleinere Projekte oder zeitlich begrenzte Aufgaben.
Was muss konkret getan werden, um mehr Frauen für Politik zu begeistern?
Alle Untersuchungen, die es in diesem Bereich bereits gegeben hat, benennen die direkte persönliche Ansprache beziehungsweise Aufforderung zur Mitarbeit, eine gute Sitzungskultur, gut strukturierte und effektive Sitzungen, transparente Entscheidungswege, Kinderbetreuung beziehungsweise Erstattung der Betreuungskosten für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige.
2021 werden die Kommunalparlamente im Kreis neu gewählt. Werden sie dann schon weiblicher?
Das hoffe ich! Das ist meines Erachtens auch eine Frage der politischen Haltung innerhalb der Parteien. Da müssen auch die Männer Haltung beziehen. Und aus den Worten müssen Taten folgen. Das Ergebnis wäre ein klarer Wandel. Dass es funktioniert, hat Kanada schon 2015 bewiesen. Der kanadische Ministerpräsident hat 2015 sein Kabinett mit der gleichen Anzahl Frauen wie Männer gebildet. Sein Grund: "Weil wir 2015 haben."