Zifferblatt ist vergoldet, doch die Uhr steht still
Die Geschichte des ehemaligen Schülers und Lehrers Bernhard Füßler am Unstädter Gymnasium, der den Zeitmesser in Schuss hielt.
Von Bernhard Füßler
Das frisch vergoldete Zifferblatt im Mittelgiebel des Altbaus des Umstädter Max-Planck-Gymnasiums.
(Foto: Bernhard Füßler)
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GROSS-UMSTADT - Begeisterung lässt sich nicht verordnen. Wenn sie aber da ist, sollte man sie nutzen. Beim Autor war sie bereits vor fünfzig Jahren da, im Jahr 1968. Der damals fünfzehnjährige Schüler, handwerklich nicht unbegabt, fühlte sich vom morbiden Zustand der Schuluhr am Max-Planck-Gymnasium herausgefordert. Das mechanische Uhrwerk stand still, das Zifferblatt war völlig korrodiert.
Der damalige Schulleiter, Wilhelm Holzapfel, ließ den Jüngling gewähren. Und so führte ihn der einstige Hausmeister Philipp Hardt auf den Dachboden der Schule und überließ ihm den Schlüssel. Das Werk wieder gängig zu machen, war kein allzu großes Problem: Im Wesentlichen war es nur zu säubern und zu ölen. Und als es dann wieder funktionierte, war das Bedürfnis groß, auch das Zifferblatt in Ordnung zu bringen.
Die Feuerwehr unter Brandmeister Heinrich Dietrich holte das verwitterte Stück zum Renovieren nach unten. In der Werkstatt des Malermeisters Philipp Füßler in der heutigen Georg-August-Zinn-Straße 41 legte der Schüler unter Anleitung des Meisters seine Hand an. Zunächst wurde das Zifferblatt schwarz gestrichen. Die ursprüngliche Ausführung von Ziffern und Zeigern in Blattgold wäre zu teuer geworden, deshalb wurde stattdessen goldgelber Lack aufgetragen. Die Farbe muss gut gewesen sein, denn sie ist über Jahrzehnte nicht abgeblättert und kaum verblasst. Trotzdem war das Zifferblatt nun nach fast fünfzig Jahren renovierungsbedürftig. Der Ausbau des Dachgeschosses im Altbau bot die Gelegenheit zu einer Erneuerung. Ein Hubsteiger war im Einsatz, um die Baumaterialien nach oben zu reichen – denkbar günstig, um das Zifferblatt ohne Mühe nach unten zu holen. Die im Jahr 2016 amtierende Schulleiterin, Dr. Margarete Sauer, handelte genauso weise wie einst ihr Vorgänger und sagte zu dem mittlerweile zum Kollegen avancierten ehemaligen Schüler: Machen Sie nur.
ZUR PERSON
Dr. Bernhard Füßler (65), der Autor dieses Beitrags, ist gebürtiger Groß-Umstädter, arbeitete viele Jahre als Lehrer am Max-Planck-Gymnasium und lebt nun als Pensionär in Groß-Umstadt. (red)
Fertig vergoldet im Keller
Kurz danach war das Zifferblatt zum zweiten Mal unten, kam zu Schlossermeister Horst Nelius für Vorarbeiten und anschließend nach Groß-Bieberau zur Firma Steuernagel & Lampert. Die Vergoldermeister Jörg Held und Maren Ottens erneuerten das gute Stück nach allen Regeln der Kunst. Diesmal wurden Ziffern und Zeiger wirklich mit Blattgold versehen; das hauchdünne Gold ist dabei das Billigste, die aufwendige Kunst liegt vielmehr im gekonnten Anschießen, also dem Auflegen des Goldes. Bezahlt hat das Ganze der Förderverein des Gymnasiums.
Lange stand das fertig vergoldete Zifferblatt im Keller der Schule, denn für das Einsetzen in den Mittelgiebel des Altbaus musste die Gelegenheit abgewartet werden, dass wieder ein Hubsteiger zur Verfügung stand. Das klappte erst, als eine Firma zum Reinigen der oberen Glasscheiben kam. Das war am 2. November 2017 – also vor einem Jahr. Es fehlt nur noch die Verbindung vom seit Jahrzehnten elektrischen Uhrwerk zum Zifferblatt, mehr nicht.
Doch die Unkompliziertheit vergangener Tage ist dahin. Selbst auf eine Leiter zu steigen, sei ein zu großes Gefahrenmoment. Jetzt muss eine Elektrofirma diesen Anschluss legen, doch das ist bisher nicht geschehen. Um dies in die Wege zu leiten, fehlt die nötige Triebkraft. Die Renovierung des Zifferblattes war ohnehin das letzte Projekt des Autors an seiner Schule, die er in Schülertagen und als Lehrer immer als ein Stück Heimat angesehen hat.