Ein 70-jähriger Griesheimer soll eine Frau zur Prostitution gezwungen haben. Sein Verteidiger sieht die Anklage nicht hinreichend begründet.
Von Marc Wickel
Das Schöffengericht mit dem Vorsitzenden Richter Peter Liesenfeld (Mitte) im Saal 6 des Amtsgerichts Darmstadt.
(Foto: Marc Wickel)
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DARMSTADT/GRIESHEIM - Schweren Vorwürfen steht seit Dienstag ein 70 Jahre alter, italienischstämmiger Griesheimer gegenüber. Er soll zwischen 2005 und 2017 eine inzwischen etwa 60 Jahre alte Frau in die Zwangsprostitution getrieben haben.
„Die Geschädigte lernte den Angeklagten auf dem Darmstädter Straßenstrich kennen“, las Staatsanwalt Thomas Betten am Dienstag im Amtsgericht Darmstadt die Anklage vor. Er soll der Frau ein besseres Leben versprochen haben, allerdings müsse sie zunächst noch weiter der Prostitution nachgehen. „Ferner gab er ihr gegenüber an, Kontakte zur Mafia und zur organisierten Kriminalität zu haben“, erklärte der Staatsanwalt, wie der Angeklagte die Frau eingeschüchtert haben soll.
Der Angeklagte soll der Frau stets ihre Einnahmen und anderes Geld abgenommen haben. „Die Geschädigte bezog auch Sozialleistungen“, so der Ankläger, „der Angeklagte verlangte, dass ihm auch dies von ihr ausgezahlt werden.“ Insgesamt soll der Angeklagte so 107 000 Euro in zwölf Jahren der Frau abgepresst haben. Würde der 70-Jährige verurteilt, würde der Staat dieses Geld einziehen, also vom Angeklagten einfordern.
„Dieser Anklage wird entgegengetreten“, sagte Verteidiger Manfred Döring für seinen Mandanten. Der Rechtsanwalt fand die Anklage zu knapp formuliert. Konkrete Tathandlungen würden nicht benannt, kritisierte er, „die Anklageschrift verfügt nicht über die notwendigen Informationen“.
Der Angeklagte bestritt vehement, Zuhälter gewesen zu sein. „Ich habe eine Frau, Kinder und Enkelkinder“, wies er auf sein normales bürgerliches Leben hin. „Ich habe immer nur versucht, ihr zu helfen“, sagte der Griesheimer. Weswegen er ihr auch Essen auf den Strich brachte.
Die Prostituierte habe ihm 2004 ihre Probleme geschildert. „Da war ich weich geworden und habe ihr eine Wohnung in Griesheim vermietet“, schilderte der Angeklagte. Dort sei sie mit zwei ihrer Kinder eingezogen, der dritte Sohn sei damals im Gefängnis gewesen, sagte der Angeklagte, der teilweise weit abschweifte. Beispielsweise, dass es mit den zwei Kindern laufend Ärger gegeben hätte, weil sie schwarzgefahren seien und geklaut hätten.
Der Angeklagte bestritt auch, der Frau Geld abgenommen zu haben. Das einzige Geld, dass er von ihr bekommen habe, sei die monatliche Miete gewesen. Auf den Vorhalt, dass die Prostituierte einmal vor ihm nach Hanau geflohen sei, erklärte der Angeklagte, dass das anders war. „Sie sagte, sie hätte einen Mann kennengelernt.“ Zu dem sei sie nach Hanau gezogen. Allerdings sei sie nach vier Wochen wieder in Griesheim gewesen, weil es in der Hanauer Wohnung keinen Strom und kein Wasser gegeben habe.
Eine Sozialarbeiterin, die in einem Projekt Prostituierte auf dem Darmstädter Strich betreut hatte, schilderte allerdings, dass der Angeklagte der Zuhälter der Frau gewesen sei, vor dem diese panische Angst gehabt habe. Die Sozialarbeiterin beschrieb, wie sie der Frau aus einem Auto heraus Kondome gegeben habe, und der Griesheimer daraufhin mit seinem Auto schnell rangefahren sei, um sie einzuschüchtern.
Der Prozess wird am 4. August um 9 Uhr fortgesetzt.