Nach Kellerbrand: "Wir sind froh, überlebt zu haben"
Erzhäuser Familien haben durch ein Feuer ihre Wohnungen verloren und müssen nun im Hotel zurechtkommen.
Von Wolfgang Görg
Sonja Knospe ist mit ihren Kindern Silas, Lena und Sina (von links) sowie Old English Bulldog Taira in einem Hotel-Appartement unterkommen. Auch Sohn Leon und ihr Lebensgefährte (nicht im Bild) müssen nach einem Kellerbrand dort Platz finden. Foto: Andreas Kelm
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ERZHAUSEN - Ihr Hab und Gut hat Sonja Knospe in wenigen Taschen verstaut. "Wir haben sonst nur noch das, was wir am Leib tragen", sagt die Mutter von vier Kindern. Die Erzhäuserin ist eine von rund 40 Menschen, die durch einen Kellerbrand in der Nacht zum Sonntag ihre Wohnungen in der Kranichsteiner Straße zunächst einmal verloren haben. Mit zwei anderen Familien und einer alleinstehenden Frau sind Sonja Knospe, ihr Lebensgefährte Martin Putzger, die Kinder und Hund im Erzhausener Hof untergekommen und wissen aber nicht, wie es weitergehen soll.
Schrecken der Nacht zum Sonntag sitzt tief
Erst einmal haben alle ein Dach über dem Kopf. Der Schrecken aus der Nacht zum Sonntag sitzt noch tief. "Wir hatten Glück, dass ein Nachbar das Feuer bemerkt und Alarm geschlagen hat", erzählt Sabine Wolf, die mit ihren beiden Kindern jetzt auch in dem Hotel lebt. Der Bewohner wollte sich gegen 2 Uhr etwas zu trinken holen und bemerkte erst einen beißenden Geruch und sah dann den Rauch, der aus dem Keller kam. Er weckte die anderen Bewohner. Auch Sonja Knospe war noch wach und hörte den Alarmton des Rauchmelders. "Dann hieß es: Nix wie raus", erinnert sich die 35-Jährige. Schlüssel, Handy, Jacke - mehr konnte sie sich nicht schnappen.
Vor dem Haus mussten die Bewohner mit ansehen, wie aus Fenstern Rauchschwaden quollen, die Feuerwehr den Brand löschte. Zurück in die Wohnung konnten sie nicht. In der Früh versorgte die DRK-Ortsgruppe sie mit Essen und Getränken in der Bibelschule. Auf Vermittlung von Bürgermeisterin Claudia Lange kamen die Bewohner, die nicht bei Verwandten oder Bekannten Obdach fanden, für eine Nacht im Landhotel Margerethenhof unter. Am Montag sind sie in den Erzhausener Hof gezogen. Zwei Zimmer, ein Bad, vier Betten, ein Tisch, ein Stuhl. Das ist das Appartement, in dem Knospes derzeit leben. Eine Matratze liegt auf dem Boden. Man kann kaum treten. Es ist eng. "Zu eng", sagen die Knospes.
TECHNISCHER DEFEKT
Einen technischen Defekt gibt die Polizei als Ursache für den Kellerbrand in Erzhausen an. Wie es genau dazu gekommen sei, ist nach Angaben von Polizeisprecher Tobias Laubach nicht mehr feststellbar.
Die insgesamt 16 Wohnungen in beiden Gebäuden sind vorübergehend nicht bewohnbar.
Den bei dem Brand entstandenen Schaden gibt die Polizei mit 70000 Euro an. (wog)
Die beiden anderen Familien sind auf mehrere Zimmer in dem Hotel verteilt. Ein Problem ist die Versorgung mit Essen. Nur in Knospes Appartement gibt es zwei Herdplatten, die leidlich funktionieren, Mariacra Stella, Mutter einer sechsköpfigen Familie, hat eine Herdplatte zusätzlich mitgebracht. "Wir sprechen uns ab", sagt sie. Drei Herdplatten für 16 Menschen - ein Dauerzustand ist das nicht.
Sonja Knospe hat sich deshalb nach einer anderen Bleibe umgesehen. Mit Erfolg. "Am Freitag ziehen wir und Familie Stella in ein Hotel in Gräfenhausen", erzählt sie. Dann möchte Sabine Wolf in das Appartement umziehen.
"Wir wissen, das wir nachbessern müssen. Das war eine Erstunterbringung", sagt Marc Hohmann, Sprecher der Wohnungsgesellschaft Hessen (GWH). Ihr gehören die beiden vom Brand betroffenen Gebäude. Das Unternehmen bemühe sich um "eine lebensgerechte Unterbringung". Die GWH übernimmt die Kosten der Hotelzimmer.
Für komplette Neuanschaffungen fehlt den Familien das Geld
Überhaupt das Geld. "Wir wissen nicht, wer für unsere Schäden aufkommt", sagt Sabine Fischer. Sie hat Tränen in den Augen. Die GWH hat geschrieben, dass das Inventar nur nach einer Reinigung zurück in die Wohnungen kann. Dort ist zwar nichts verbrannt, aber überall hat sich Ruß festgesetzt. Alles stinkt. "Das meiste kann nicht in der Wohnung bleiben", vermutet Tochter Carmela Stella. Die Familien haben sich in der Kleiderkammer nach Kleidung umgesehen, Bekannte haben Textilien gebracht, die Bürgermeisterin hat Spielzeug organisiert. Für komplette Neuanschaffungen fehlt den Familien das Geld.
Die Schadensregulierung ist eigentlich Sache einer Hausratversicherung. "Die hat aber nicht jeder", wendet Sonja Knospe ein und befürchtet, auf den Kosten sitzen zu bleiben. GWH-Sprecher Hohmann nennt gegenüber dem ECHO eine andere Lösung: "Wer keine Hausratversicherung hat, kann sich an uns wenden. Wir regeln das mit unserem Versicherer." Auch eine Mietminderung könnten die Bewohner geltend machen.
Einen Teil der Sorgen mögen diese Zusagen mindern. Bleibt die Frage, wie lange es dauert, bis Knospes und die anderen Bewohner wieder in ihre Wohnungen können. In sechs Wochen soll das Gebäude, in dem der Keller gebrannt hat, bezugsfertig sein, sagt Hohmann. Das andere über den Keller verbundene Haus bereits in zwei Wochen. Für Sonja Knospe ist aber Eines wichtig: "Wir sind froh, überlebt zu haben."