Das Darmstädter Landgericht hat am Mittwoch einen 52 Jahre alten Breuberger im Fall der bei Münster aufgefundenen Leiche zu zwölf Jahren Haft wegen Totschlags verurteilt. Das Gericht sah die Mordmerkmale nicht eindeutig genug erfüllt.
Von Marc Wickel
Das Darmstädter Landgericht verurteilte den 52 Jahre alten Angeklagten aus Breuberg zu zwölf Jahren Haft wegen Totschlags.
(Archivfoto: Marc Wickel)
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MÜNSTER/DARMSTADT - Das Landgericht Darmstadt hat einen 52 Jahre alten Mann aus Breuberg wegen Totschlags zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Damit endetete am Mittwoch am 11. Verhandlungstag der Indizienprozess um die getötete, 47 Jahre alte Frankfurterin, die am 1. September tot im Faulbruch bei Münster gefunden worden war.
Die Frankfurterin und der Breuberger waren beide türkischstämmig und seit Mai 2017 ein Paar. Sie hatten - was Fotos und Videos belegen - eine intensive Beziehung und waren auch viel durch Deutschland gereist. Die Frau war dabei ihre Scheidung vorzubereiten, der Angeklagte war und ist allerdings verheiratet; er hat eine Frau und fünf, teilweise erwachsene Kinder.
Am 20. August 2017 hatte die Tochter der Getöteten ihre Mutter als vermisst gemeldet. Auch der Angeklagte, den die Töchter als letzten Kontakt der Mutter benannt hatten, war ab dem Zeipunkt verschwunden. Er konnte aber im Laufe einer Woche über seine Frau und die Polizei in Colmar im Elsass festgenommen werden.
Im Laufe des Prozesses hatte der Angeklagte drei verschiedene Erklärungen abgegeben. In der ersten hatte er behauptet, die Frau wieder zuhause abgesetzt zu haben. In der zweiten beschuldigte der Angeklagte plötzlich seine Ehefrau, die Täterin gewesen zu sein. Das hatte sich durch sofort durchgeführte Telefonüberwachungen und Ermittlungen aber nicht bestätigen lassen. Schließlich gestand der Angeklagte am vorletzten Verhandlungstag, seine Geliebte bei einem Streit mit beiden Händen erwürgt und die Leiche im Wald abgelegt zu haben.
Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen der Staatsanwaltschaft. Staatsanwalt Nico Kalb und die Verteidiger Davut Yildiz und Baris Yagis hatten auf Totschlag aus Eifersucht plädiert. Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft und die Verteidigung hatte zehn Jahre Haft gefordert. Die Anwälte der Nebenkläger - Schwester, Ehemann und älteste Tochter der Getöteten - hatten die Tat hingegen als heimtückischen Mord aus Eifersucht gesehen. Aber für das Gericht waren die Mordmerkmale nicht eindeutig genug erfüllt.
"Die Tat war eine Beziehungstat", sagte der Vorsitzende Richter Volker Wagner in der Urteilsbegründung. Es sei eine Beziehung gewesen mit einer "sehr aufgeschlossenen, tüchtigen, integrierten Frau auf der einen Seite" und dem Angeklagten "mit seiner völlig verschrobenen Persönlichkeit" auf der anderen Seite.
Das Gericht wies auf WhatsApp-Nachrichten hin, die das Paar ausgetauscht hatte und in denen die Frau dem Angeklagten teilweise sehr lyrisch ihre Liebe versichert hatte. "Aber der Angeklagte wollte es nicht wahrhaben", sagte Volker Wagner. Er beobachtete die Frau in Frankfurt. Und installierte eine Tracking-App, die an ihn die Position ihres Handys weitergab. Es gibt auch ein Video des Angeklagten, das er von sich selbst gemacht hat, und in dem er darüber spricht, dass er glaubt, dass seine Freundin noch andere Männer haben müsse.
Im Blut der Getöteten war das Neuroleptikum Clozapin gefunden worden, was bei gesunden Menschen einschläfernd wirkt. Die Staatsanwaltschaft war davon ausgegangen, dass der Angeklagte die Frau damit betäuben wollte, um ein leichteres Spiel zu haben. Die Nebenkläger vermuteten, dass er die Getötete sedieren wollte, um sie leichter zum Geschlechtsverkehr zu bringen.
Die Verteidigung hingegen wollte sogar nicht ausschließen, dass die Getötete das Medikament selber genommen hatte. Aus Sicht der Kammer hatte der Angeklagte der Getöteten das Clozapin gegeben, in der Hoffnung, dass sie ihm in ihrer Benommenheit die Wahrheit über ihre Beziehung sagt.