Das Landgericht Darmstadt hat am Donnerstag einen 55 Jahre alten Babenhäuser wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen und einer gefährlichen Körperverletzung zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt.
Von Marc Wickel
In diesem Haus in der Reitbahnstraße in Babenhausen kam es zu dem Verbrechen, für das nun ein 55 Jahre alter Babenhäuser zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. Foto: Karl-Heinz Bärtl
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BABENHAUSEN/DARMSTADT - Das Landgericht Darmstadt hat am Donnerstag einen 55 Jahre alten Babenhäuser wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen und einer gefährlichen Körperverletzung zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt.
Damit blieb die Kammer zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung, die auf neuneinhalb oder sechs Jahre plädiert hatten. Dass die Kammer auf versuchten Totschlag und nicht auf versuchten Mord entschied, sei eine Gratwanderung, sagte der Vorsitzende Richter Volker Wagner in der Urteilsbegründung.
Der teilweise geständige Angeklagte hatte am Nachmittag des vierten Advents 2016 seine Frau und zwei ihrer Schwestern mit Messern angegriffen. Auf seine 50 Jahre alte Ehefrau hatte der Angeklagte auf einem Treppenpodest 15 Mal eingestochen und erst von ihr abgelassen als die 49 Jahre alte Schwester der Ehefrau dazwischenging. Dieser Schwester stach der Angeklagte in die Schulter "Das Leben der Ehefrau war auch schon vorbei", sagte der Vorsitzende Richter und erinnere daran, dass die Frau noch am Tatort in der Reitbahnstraße reanimiert und im Krankenhaus notoperiert werden musste.
MORD UND TOTSCHLAG
Mord wird in Deutschland mit lebenslanger Haft bestraft. Mörder ist, wer laut Gesetz "aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.
Wer nach diesen Kriterien kein Mörder ist, hat Totschlag begangen. Hier gibt es mindestens fünf Jahre Haft, in besonders schweren Fällen kann es aber auch lebenslang geben.
Den zweiten versuchten Totschlag sah die Kammer in der Attacke des Mannes auf die 47 Jahre alte Schwester seiner Frau. Der Angeklagte hatte sie im Haus verflogt und dabei die Tür des Badezimmertür eingetreten in das sich die 47-jährige geflüchtet hatte. Dann hatte er auf den Beinen der zu Boden gegangen Frau gekniet und versucht zwei Messer in ihren Bauch zu drücken. Um das zu verhindern, hatte die Frau sogar in die Klingen gegriffen. "Überlegen Sie mal was da dazu gehört", sagte Volker Wagner, das mache man nur in Todesangst.
Erst als die 49 Jahre alte Schwester den Angeklagten wegzog, konnte sich ihre jüngere Schwester befreien und aus dem Haus fliehen.
Die Tat war eine Beziehungstat. Zwischen dem Angeklagten und seiner Frau gab es schon länger Schwierigkeiten. Ende 2012 war sie auch bei der Polizei, weil ihr Mann sie geschlagen hatte. 2016 hatte die Ehefrau schließlich die Scheidung gewollt. Zudem wollte sie ihr Haus in Babenhausen verkaufen.
"Zu Hause sitzen und nicht Herr im Haus zu sein" sei für den immer wieder arbeitslosen Ehemann eine schwierige Situation gewesen, sagte Richter Wagner. Auch das er inzwischen im Anbau wohnte, während die Familie der Frau in den anderen Wohnungen lebte, habe ihm nicht gefallen.
"Verzweiflung war eine Vorgeschichte der Tat", sagte Volker Wagner und wies auf E-Mails des Angegeklagten hin, in denen er beklagte, dass seine Gutmütigkeit missbraucht worden sei und in denen er "willst Du mich wegwerfen?" fragte. Der Angeklagte hatte unter anderem am Haus gearbeitet und seine - inzwischen verstorbenen - Schwiegereltern gepflegt.
Schließlich guckte er am 17. Dezember 2016 ins Smartphone seiner Frau und entdeckte Textnachrichten, aus denen er schloss, dass sie eine Beziehung mit einem anderen Mann hat. Worauf er ihr die ganze Nacht über Textnachrichten schrieb und ihr unter anderem vorwarf, eine Hure zu sein.
Auch der 47 Jahre alten Schwester machte er Vorwürfe. Antworten hatte er aber keine bekommen. "Durch die ganzen Texte hatte er sich so unter Druck gefühlt, dass er am 18. Dezember nicht mehr anders konnte", sagte Volker Wagner.
Das Urteil ist rechtskräftig, der Angeklagte wie auch die Staatsanwaltschaft erklärten, auf das Rechtsmittel der Revision zu verzichten.