Kleine Teilchen, viele Fragen

Mit dem Ausbau des Klärwerks und der Erweiterung um eine vierte Reinigungsstufe befasst sich der Zweckverband Alsbach-Hähnlein/Zwingenberg. Archivfoto: Guido Schiek Foto:
ALSBACH-HÄHNLEIN/ZWINGENBERG - Technisch ist so vieles möglich. Die sogenannte vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen, die auch kleinste Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände, Pestizide oder Industriechemikalien aus dem Wasser entfernt, ist keine Vision mehr. Erst vor Kurzem erhielten die Verbandsgemeinden Seeheim-Jugenheim und Bickenbach einen Förderbescheid, um die Kläranlage in Bickenbach in einem Pilotprojekt umzurüsten.
Doch nicht einmal die Experten von der TU Darmstadt konnten sich in der Sitzung des Abwasserverbands Alsbach-Zwingenberg-Hähnlein zu einer klaren Empfehlung hinreißen lassen, ob sich Alsbach-Hähnlein und Zwingenberg mit ihrer gemeinsamen Anlage südöstlich von Hähnlein jetzt schon auf einen ähnlichen Weg begeben sollen. „Ich würde mich da im Moment nicht festlegen wollen“, erklärte Professorin Susanne Lackner von der TU Darmstadt, die sich beruflich – wie auch ihr ebenfalls anwesender Kollege Professor Markus Engelhart – mit den Möglichkeiten der Abwasseraufbereitung befasst.
Denn aktuell gibt es nicht einmal rechtlich verbindliche Grenzwerte in Deutschland, welche Spurenelemente in welcher Konzentration im Abwasser vorhanden sein dürfen. Noch wisse die Forschung genau, welche der mehr als 3500 nachweisbaren chemischen Verbindungen in welchem Maß eine öko-toxikologische Relevanz für Gewässer haben. Zwar gebe es immer mehr Studien dazu, vor allem im Bereich von Arzneimittelrückständen im Wasser. Oft würden allerdings nur einzelne Stoffe unabhängig voneinander untersucht und nicht deren Zusammenspiel.
Dabei sind die Spuren zum Teil in extrem niedriger Konzentration im Wasser vorhanden. Lackner brachte den Vergleich, dass es teilweise um ein Verhältnis gehe, als würden 16 Stück Würfelzucker in den Bodensee geworfen.
Ausreichend Raum für eine vierte Reinigungsstufe gibt es in der Kläranlage. Technisch könnte mit einem Trio aus zusätzlicher Filtration, einem sogenannten Adsorptionsverfahren und einem Oxidationsverfahren gearbeitet werden. Bei der Adsorption werden unerwünschte Stoffe im Abwasser an Aktivkohle angelagert, bei der Oxidation würden die gleichen Stoffe mittels Ozon in ihrer chemischen Verbindung zerstört. Dabei sei allerdings noch nicht endgültig klar, betonte Lackner, ob in diesem Prozess zumindest kurzfristig andere chemische Verbindungen entstehen, die ebenso unerwünscht sind wie die Ausgangsstoffe.
Und so blieb die Diskussion eine reine Information. Doch eines wurde auch deutlich: Je nach Intensität der zusätzlichen Wasseraufbereitung könnte die Reinigung jeden Bürger im Verbandsgebiet zusätzlich zwischen etwa 5 und 20 Euro pro Jahr mehr kosten.