Lorsch will eine Wettbürosteuer auf den Weg bringen. Doch das langt nicht, um drohende Einnahmeausfälle zu kompensieren.
Von Hans-Jürgen Brunnengräber
Lorsch will vor Ort ansässige Wettbüros mit einer Steuer belegen.
(Foto: Hans-Jürgen Brunnengräber)
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LORSCH - Kommunen haben ein Steuerfindungsrecht. Die Stadt Lorsch hat sich daher auf die Suche begeben, um ihre Einnahmesituation zu verbessern – und ist offenkundig fündig geworden. Pferdesteuer? Nein! Zweitwohnungssteuer? Noch nicht! Wettbürosteuer? Ja, und zwar mit einem möglichst hohen Steuersatz. So lautet das Ergebnis der Beratungen neuer Kommunalsteuern im Haupt- und Finanzausschuss. Wie von Bürgermeister Christian Schönung (CDU) bereits bei der Einbringung des Haushalts 2019 angekündigt, will sich die Stadt auf der Suche nach mehr Einnahmen auch mögliche neue Steuerquellen nicht entgehen lassen.
Ob die nun geplante Wettbürosteuer die Steuereinnahmen deutlich und nachhaltig verbessern wird, wird selbst von Befürwortern bezweifelt. Selbst wenn drei Prozent eines Wetteinsatzes der beiden Lorscher Wettbüros als möglicher Höchststeuersatz an die Kommune fließen würden, dürften sich die jährlichen Steuereinnahmen lediglich um rund 20 000 Euro erhöhen. Das sind gerade einmal gut 0,1 Prozent des städtischen Steueraufkommens.
Die Einführung einer Wettbürosteuer diene nicht nur dem fiskalischen Interesse, sondern habe als Lenkungsziel auch die Bekämpfung der Spielsucht, betonten daher auch die Vertreter aller Fraktionen im Finanzausschuss. Zudem sehen Verwaltung und kommunale Mandatsträger durch eine Wettbürosteuer eine Gleichbehandlung zu den in Lorsch bereits besteuerten Spielapparaten. „Gerade bei der Wettbürosteuer sollte der steuerlich mögliche Höchstsatz gelten“, forderte Christian Walter (PWL) einen entsprechenden Vorschlag der Verwaltung in einer neuen Steuersatzung.
STEUERAUFKOMMEN STEIGT
Die Stadt Lorsch plant für 2019 mit Steuereinnahmen von rund 17,6 Millionen Euro. Davon entfallen auf die Grundsteuer A (landwirtschaftliche Grundstücke) 22 400 Euro; auf die Grundsteuer B 1,94 Millionen Euro.
Die Gewerbesteuereinnahmen werden auf 5,03 Millionen Euro taxiert. Der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer wird mit rund 9,5 Millionen Euro angenommen. Der Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer soll 672 000 Euro betragen. Aus der Vergnügungssteuer sollen 420 000 Euro erzielt werden. Die Hundesteuer soll gut 80 000 Euro einbringen.
Das Gesamtsteueraufkommen der Stadt Lorsch ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. 2011 lagen die Steuereinnahmen – so die Ergebnisse der städtischen Jahresabschlüsse – bei 9,8 Millionen Euro, erreichten 2012 gut 11 Millionen Euro.
2017 waren es 15,7 Millionen Euro. Die aktuelle kommunale Finanzplanung sieht aktuell noch von weiteren Steigerungen für die kommenden Jahre vor. Für 2020 werden 18,8 Millionen Euro prognostiziert. 2022 sollen erstmals mehr als 20 Millionen Euro an Steuern eingenommen werden. (grä)
Von der Einführung einer Zweitwohnungssteuer wollen Rathausfraktionen zunächst absehen. Aktuell sind 716 Personen in Lorsch mit Zweitwohnsitz gemeldet. Doch gibt es zahlreiche Tatbestände einer Steuerbefreiung, etwa für beruflich veranlasste Zweitwohnungen. Die Einführung einer Zweitwohnungssteuer sei rechtlich unbedenklich. Die Erhebung verursache aber einen hohen Verwaltungsaufwand. Ein mit der Einführung einer Zweitwohnungssteuer zu erwartender Anstieg der Hauptwohnsitze wirke sich erst nach einem längeren Zeitraum positiv auf die kommunalen Einkommensteueranteile aus. Das Fazit im Finanzausschuss: Entwicklungen im Auge behalten und über eine Einführung zu einem späteren Zeitpunkt beraten.
Ein zu hoher Aufwand bei Ermittlung und Erhebung, vergleichsweise zu geringe Einnahmen bei einem empfohlenen Steuersatz von rund 200 bis maximal 750 Euro pro Pferd, waren für die Mitglieder des Finanzausschusses Gründe, auf die Einführung einer Pferdesteuer zu verzichten.
Mit den Stimmen von CDU, SPD, PWL und Grünen folgte der Ausschuss einem Antrag der Grünen, neben der Einführung einer Wettbürosteuer die finanziellen Größenordnungen möglicher Gewerbesteuererhöhungen zu prüfen. Aktuell beläuft sich der Hebesatz der Gewerbesteuer in Lorsch auf 380 Punkte. Nach einer Berechnung der Verwaltung bringt ein Punkt Erhöhung rund 13 000 Euro. Solche Berechnungen liegen auch für die Grundsteuer B vor. Ein Punkt Erhöhung bedeutet gut 4000 Euro Einnahmen für die Stadt. Aktuell beläuft sich der Hebesatz auf 435 Punkte.
Nachdem durch die im Finanzschuss empfohlene Einführung einer Wettbürosteuer keine gravierenden Einnahmeverbesserungen für den städtischen Haushalt zu erwarten sind, gelten zur Kompensation zukünftig wegfallender Straßenbeiträge in Lorsch Erhöhungen der Gewerbesteuer sowie der Grundsteuer B nach wie vor als wahrscheinlichste Finanzierungsvariante.
So sieht eine Modellrechnung der Stadtverwaltung vor, die Grundsteuer B um 151 Punkte zu erhöhen oder die Gewerbesteuer um 50 Punkte anzuheben, um mit diesem Mehrertrag von jeweils rund 660 000 Euro den Löwenanteil der grundhaften Straßensanierungen, die auf jährlich rund 700.000 Euro taxiert wurden, bestreiten zu können. Konsens in den Parteien ist aktuell, neben abgewogenen Erhöhungen von Grundsteuer B und Gewerbesteuer anfallende Grundsanierungen gegebenenfalls auch über Kredite zu finanzieren.