Hermann Schefers (links) kennt sich mit der Geschichte des Kurfürstlichen Hauses in Lorsch bestens aus. Foto: Hans-Jürgen Brunnengräber
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LORSCH - Das Kurfürstliche Haus auf der Klosterdüne in Lorsch ist jünger als bisher angenommen. Dendrochronologische Untersuchungen der Hölzer des Dachstuhls haben ergeben, dass diese frühestens im Jahr 1725 gefällt wurden. Trotz seiner repräsentativen Ausstattung mit kurfürstlichem Zimmer und kurfürstlichem Speisesaal, mit Ritter- und Lakaienstuben wurde es nicht als Jagdschlösschen des Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn (1655 bis 1729) und seiner Nachfolger, sondern als Unterkunft von Oberforstmeistern errichtet. Mit Besuchen der Kurfürsten hatten die im 18. Jahrhundert dort lebenden adeligen Oberforstmeister aber zu rechnen. „Die standesgemäße Unterkunft des Oberforstmeisters sollte auch für einen Aufenthalt des Kurfürsten geeignet sein“, erläuterte Dr. Hermann Schefers, Leiter der Welterbestätte Kloster Lorsch und heutiger Hausherr im Kurfürstlichen Haus, bei einer Führung im Rahmen der Reihe „Monument mal!“.
Mit dem Bau des Kurfürstlichen Hauses, das in einer Planzeichnung von 1744 erstmals unter diesem Namen erwähnt wurde, entstanden auch Wirtschaftsgebäude, etwa eine Küche, und ein Anbau, der als Zuckerbäckerei und Wohnung des Silber-Dieners genutzt wurde. Schefers stellt die Errichtung des Kurfürstlichen Hauses, das an der Stelle des ehemaligen Abtshauses erbaut wurde, in einen historischen Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen der kurfürstlichen Hofkammer, etwa den Bau der Pfarrkirche St. Nazarius, deren Grundsteinlegung 1725 erfolgte. Sowohl die Pfarrkirche als auch das Kurfürstliche Haus wurden aus Steinen der in Teilen niedergelegten Klosterkirche errichtet.
Im 18. Jahrhundert residierten im Kurfürstlichen Haus adelige Hausherrn wie Wolf Georg Freiherr von Späth zu Zwiefalten (bis 1735), Lothar Franz Seth von Zwyfalten (1735-1753) und Carl Franz Wolfgang Joseph Freiherr von Hausen und Gleichendorff (1753-1786). Dessen Frau Sophie ließ 1775/76 das Palais von Hausen errichten. Von 1786 bis 1802 war Carl Friedrich Anselm Joseph Wilhelm Friedmann Freiherr von Hausen Oberforstmeister. Er erwarb 1797 das ganze Klostergelände. In diese Zeit fällt auch der Verkauf der Königshalle an die Gemeinde Einhausen.
Ein profilierter Bewohner des Kurfürstlichen Hauses war auch Wilhelm Carl Heinrich Reichsfreiherr von Dörnberg (1781-1877), dem 1852 mit der Beförderung zum Oberstjägermeister beim großherzoglichen Hofjagdamt höchste Ehren zuteilwurden. Von Dörnberg ist auch Lorschs erster Ehrenbürger.
Im 19. Jahrhundert unterstanden dem Oberforstmeister in Lorsch die Oberförstereien von Alzey, Gernsheim, Heppenheim, Jägersburg, Jugenheim, Lampertheim, Lorsch und Viernheim. 1965 wurde das Forstamt Lorsch aufgelöst. Seit 1967 wird das Kurfürstliche Haus als Außenstelle der Staatlichen Verwaltung Schlösser und Gärten genutzt. Seit 2003 ist dort das Fachgebiet Welterbe Kloster Lorsch untergebracht. Aktuell laufen Planungen für eine Sanierung des Hauses.