Vorfall in Wald-Erlenbach ruft Unverständnis hervor. Jäger appellieren an Besitzer, ihre Tiere nicht zu weit weglaufen zu lassen.
Von Astrid Wagner
In der Nähe des Friedhofs von Wald-Erlenbach ist ein Rekitz gerissen worden. Foto: Oswald Dörsam
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WALD-ERLENBACH - Alt ist das Rehkitz nicht geworden. Drei oder vier Monate vielleicht, schätzt Oswald Dörsam. Dann wurde es von einem wildernden Hund gerissen und getötet. Nur einen Steinwurf weit entfernt vom Wald-Erlenbacher Friedhof.
Als es Spaziergänger am Montagabend auf der Wiese oberhalb der Straße zum Friedhof auffinden, ist der tote Körper schon aufgebrochen. Deutlich erkennt man die Bissspuren im Hals- und Brustbereich. Hier hat es der Hund angegriffen, zu Boden gerissen und getötet. Drei Meter vom Fundort entfernt zeugen herausgerissene Fellbüschel davon, dass hier der Kampf um Leben und Tod stattgefunden haben muss.
"Es war ganz klar der Riss durch einen Hund", so Dörsam, der den Kadaver gemeinsam mit einem Jäger-Kollegen genau unter die Lupe genommen hat. "Ich hoffe, die Ricke hat noch ein zweites Kitz, das sie versorgen und groß ziehen kann", so Dörsam mitfühlend. Es tut ihm sichtlich weh, dass das Tier so grausam enden musste. Ein Hund müsse schon eine gewisse Größe haben und "verdammt gut und schnell sein", um ein Reh zu erlegen. Leichter ist es bei trächtigen Ricken und unerfahrenen Kitzen, die nicht so schnell zu Fuß sind.
Adam Eberle ist der zuständige Jagdpächter. Er hat das tote Tier abgeholt. Die Zeit des Leinenzwangs sei vorüber, so einfach könne man keinen dazu zwingen, seinen Vierbeiner anzuleinen. Nun obliege es dem Hundehalter selbst, sein Tier einzuschätzen und verantwortlich zu handeln. Immer wieder gebe es Hunde, die Rehwild hetzen und reißen. "Mein Hund macht das nicht", würden dann uneinsichtige Hundebesitzer sagen. Und wenn etwas passiert sei, heiße es: "Das hat er ja noch nie gemacht."
Eberle kennt seine Pappenheimer, es sind immer die gleichen Aussagen. "Es ist das alte Spiel", sagt er fast ein bisschen resigniert. Sicher träfe das für die meisten Hunde auch zu, "doch es sind immer scharfe Hunde dabei".
Wird ein Hund auf frischer Tat ertappt und der Halter ermittelt, dann wird der Vorfall als Ordnungswidrigkeit mit einer empfindlichen Geldstrafe geahndet. "Aber es geht schwer in Richtung Straftat", so Dörsam, der von einem Landwirt erzählt, der eine hohe Geldstrafe hat zahlen müssen, weil er es vor dem Mähen unterlassen hat, seine Wiese nach Kitzen abzusuchen. Ein oder zwei kamen bei der Mahd ums Leben - deswegen musste er jetzt tief in die Tasche greifen.
Menschen, die ihre Hunde geradezu auf Wild hetzen, müssen sogar mit einer Anklage wegen Wilderei rechnen. Auch solche Hundehalter gibt es tatsächlich. So erinnert sich der Wald-Erlenbacher, dass vor ein paar Jahren ein Hundehalter seine zwei Schäferhunde in ein umzäuntes Wildgehege oberhalb von Wald-Erlenbach gelassen hat und dann Spaß dabei hatte, dass die Tiere das dortige Damwild jagten. Zum Glück kam der Besitzer rechtzeitig dazu.
Oswald Dörsam liebt Hunde, hat selbst einen, den er nicht auf die Jagd mitnimmt, weil er ihm das und die damit verbundenen Gefahren nicht zumuten möchte. Er verlangt auch nicht, dass jeder Hund immer an der Leine zu laufen hat, auch außerhalb der Brut- und Setzzeit. Aber er hat Bauchschmerzen, wenn er einen Hund sehr weit entfernt von Herrchen oder Frauchen sieht. "Ich habe nichts dagegen, wenn der Hund zehn Meter vorneweg läuft." Aber eine größere Distanz sieht er kritisch. Gleichzeitig verspricht er: "Ich würde niemals einen Hund erschießen."
Dörsam und Eberle appellieren nun einmal mehr an das Verständnis und den gesunden Menschenverstand der Hundebesitzer, dass diese ihre Tiere entsprechend einschätzen und wissen, was geht und was nicht. Wer große Hunde mit Jagdtrieb hat, der sollte auf alle Fälle seine Tiere anleinen.