Verein Bowhunter bietet in Sonderbach einen Schieß-Parcours für Bogenschützen an
Von Constantin Lummitsch
Editor Desk VRM zentral
Ins Schwarze getroffen: Thomas Friemel (links) und Wolfgang Schwitzke mit einer Bärenattrappe. Foto: Constantin Lummitsch
( Foto: Constantin Lummitsch)
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SONDERBACH - Klaus Keck (51) aus Bensheim klettert eine Anhöhe im Sonderbacher Wald hinauf. Es ist neblig und 7 Grad über Null, doch von Kecks Stirn kullern Schweißperlen. Er ist bereits mehrere Kilometer auf matschigen Waldpfaden unterwegs. In der linken Hand hält er einen Jagdbogen, ein Köcher mit Karbonpfeilen baumelt an seiner Hüfte. Keck ist ein „Bowhunter“, ein Bogenschütze.
Oben angekommen, sieht er das Ziel. In 45 Meter Entfernung steht ein Schwarzbär auf den Hinterbeinen. Keck zieht einen Pfeil aus dem Köcher und spannt den Bogen. Der Schütze atmet laut aus, gleichzeitig sirrt sein Pfeil durch die Luft. 21 Gramm Karbon passieren eine Lücke zwischen zwei Eichen, dann bohrt sich der Pfeil mit dumpfem Schlag in die Brust des Bären. Der bleibt regungslos stehen. Keck hat den Bären schon hunderte Male dorthin getroffen, wo dessen Herz sein müsste. Doch der Bär hat kein Herz – er ist aus Kunststoff. Angefertigt, um jahrzehntelang Pfeile einzustecken, die Keck und seine Vereinsfreunde von den „Bowhuntern Bergstraße“ auf ihn abschießen.
Alle warten auf den Tyrannosaurus Rex
Nachdem Keck noch zweimal auf das Ziel geschossen hat, sind seine Kumpel an der Reihe. Erst Jürgen Präckel (54) aus Hemsbach, dann Wolfgang Schwitzke (55) aus Weinheim. Vereinsvorsitzender Thomas Friemel (56) aus Kirschhausen ist zuletzt dran.
IM AUFWIND
Die Bowhunter Bergstraße haben 2017 ihr 30-jähriges Bestehen gefeiert. Auf dem Parcours am Ortsrand von Sonderbach kann das intuitive Bogenschießen trainiert werden, schreibt der Verein. In den vergangenen Jahren sei dieser Sport aus dem Nischendasein verstärkt ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Dies belege die große Anzahl von Gastschützen aus ganz Deutschland. 2016 waren 300 Bogenschützen zu Besuch. (red)
Danach stapfen sie gemeinsam dem Schwarzbären entgegen, posieren für ein Foto. Vorsitzender Friemel zieht ein Bowiemesser, um feststeckende Pfeile aus der Attrappe zu hebeln.
„Bei unserer Jagd fließt kein Blut“, sagt Friemel. Unter den 92 Mitgliedern seien ausschließlich Plastiktier-Schützen. „Echte Jäger“, die Tiere töten, seien nicht darunter, sagt der Vorsitzende.
Die vier Schützen wandern weiter. Der Bär ist eine von 25 Stationen auf einem 30 000-Quadratmeter-Parcours. Jede Station präsentiert ein anderes Tier. Und jede Station verlangt vom Schützen eine andere Technik ab. Mal ist das Tier nur fünf Meter entfernt, aber nur ein 50-Zentimeter-Marder. Andere Ziele werden von Baumstämmen flankiert, an denen die „Bowhunter“ vorbeischießen müssen, um zu treffen. Die Attrappen sehen echt aus. Die Großen kosten mehr als 1000 Euro, sind aber auch die Attraktionen des Plastik-Tierparks: Bison, Bär und Krokodil. Und bald auch ein drei Meter hoher Tyrannosaurus Rex, erzählt Friemel. „Auf den sind alle schon ganz scharf“.
Wer sich dem Verein anschließen möchte, muss 60 Euro pro Jahr und eine Aufnahmegebühr von 120 Euro bezahlen. Feste Schießzeiten gibt es im 1987 gegründeten Verein nicht. Manche Schützen reizt es, in der Nacht zu schießen. Für sie bietet Friemel ein beleuchtetes Turnier in der Nacht an. Mit Lagerfeuer und anschließender Feier.
In Deutschland ist die Jagd mit Pfeil und Bogen auf Wildtiere verboten. Aber in Frankreich und vielen anderen Ländern wie Spanien, Kanada oder den USA ist sie erlaubt.
Um einen Schwarzbär aus Fleisch und Blut zu töten, ist Kecks Bogen mit seiner Zugkraft von 38 Pfund zu schwach.
„50, 60 Pfund Zugkraft, mindestens“, empfiehlt Keck für die Bärenjagd. Er bevorzugt seinen leichten Bogen. „Eine Maßanfertigung aus einer Manufaktur, 600 Euro“, erzählt der Schütze. Andere Vereinsmitlieder nutzen große Bogen mit hoher Zugkraft. So auch Friemel. Für diese Bogen braucht der Schütze Kraft. 60 Pfund wollen in der Spannung gehalten werden. Und das mit zwei Fingern.
Um Dysbalancen auszugleichen, trainieren viele Mitglieder im Fitnessstudio, erzählt Keck. Auch er. Mit dem Training möchte er verhindern, dass eine Körperseite stärker wird als die andere. Friemel wechselt deshalb ab und an den Schießarm.
„Ob du Rechts- oder Linksschütze bist, entscheidet nicht die Hand, sondern das Auge“, erklärt Friemel. Um das Zielauge zu finden, zeigt der Vorsitzende einen Trick: Mit beiden Augen ein Ziel ansehen. Den Daumen mittig draufhalten. Dann abwechselnd ein Auge schließen — und nur bei einem bleibt der Daumen im Zentrum des Blickfelds. „Das ist das Zielauge“, sagt Friemel.