Ein Sälchen für das Saalbaukino

Raumausstatterin Nathalie Speckhardt-Schumacher, Anita Fritz und Neffe Ingo Fritz (von links) im neuen Vorführraum. Foto: Dagmar Jährling
HEPPENHEIM - Ein bisschen Wehmut schwingt mit, wenn Ingo Fritz an seinen Vater Helmut zurückdenkt, der 2009 verstorben ist. Der habe sich für den Saalbau immer einen zweiten Kinosaal gewünscht. Nun, 67 Jahre nach der Eröffnung des Kinos, haben seine drei Söhne dieses Projekt umgesetzt. Ab Samstag kommen Filmfans im „Petit Cinema“ auf ihre Kosten – und das auf technisch höchstem Niveau.
Wer sich aufmerksam im Foyer des Lichtspielhauses umschaut, entdeckt hinter dem ausgestellten Original-Projektor aus dem Jahr 1951 einen neuen kleinen Anbau: Hier verbirgt sich die Technik, steht der Projektor, der das Bild auf die Leinwand des kleines Raumes wirft, der wie aus dem Nichts entstanden ist. Wo sich bis vor ein paar Wochen noch ein Abstellraum befand, ist ein zweiter kleiner Kinosaal entstanden. Mit besserem Heimkino hat das Ganze nichts zu tun. Alles hier ist Hightech.
Durch das große Foyer gelangt man durch eine Flügeltür zunächst in einen kleinen Vorraum, der – wie der Rest des Kinos – im Fünfzigerjahre-Charme grüßt. Doch alles ist neu. Raumausstatterin Nathalie Speckhardt-Schumacher hat dort mit viel Herz den Zeitgeist von einst aufleben lassen – mit Retro-Tapete und -Leuchten und Garderobe aus den Fünfzigern. Auch den neuen Kinosaal hat sie eingerichtet.
DER ERSTE FILM
Am Samstag, 10. November, um 20.15 Uhr läuft das erste Mal offiziell ein Film im Kinosaal „Petit Cinema“. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst und bekommt einen Sekt gratis. Gezeigt wird „Venom“, ein US-amerikanischer Siene-Fiction-Antihelden-Film. Auch eine offizielle Eröffnungsfeier wird es geben, aller Voraussicht nach Anfang Dezember. (rid)
Wenn man das „Petit Cinema“ betritt, ist das wie eine Reise in die Zukunft: 18 samtweiche Sessel sind in vier Reihen angeordnet. Wenn man sich anlehnt, neigt sich die Lehne sanft zurück. Zwei der Plätze sind barrierefrei. Wände und Sessel sind dunkel gehalten, an den Wänden tauchen orangefarbene Leuchten den kleinen Raum in ein gemütliches Licht.
Und dann geht er los, der Trailer zum Testgucken und es fühlt sich an, als wäre man mitten im Film: Das Saallicht wird gedimmt; Bild und Ton sind wahrlich beeindruckend. Zum Hauptfilm wird es dann ganz dunkel. Man möchte gar nicht mehr aufstehen.
Aufwand und Investition lohnen nur, weil man jetzt im großen Saal, der ein Kompromiss zwischen Kino, Theater und Denkmalschutzbelangen ist, aktuellere Filme spielen kann. Man sei vertraglich verpflichtet, einen aktuellen Film drei Wochen lang zu spielen. Das rechnet sich für ein Kino mit nur einem Saal in der ersten Woche und – je nach Film – auch in der zweiten, in der dritten wird es schon schwieriger. Dann spielen die benachbarten Kinos längst den nächsten Blockbuster. Nun ist es möglich, den Film ab der zweiten oder dritten Woche im kleineren Kino und im großen Saal den nächsten brandneuen Streifen zu zeigen. Heißt: Das Filmprogramm im Saalbau wird aktueller. Nur ein Beispiel von vielen Möglichkeiten. Filme, die schon ein wenig älter sind, kann man von Anfang an im kleineren Saal abspielen.
Nie war es einfacher, für eine kleine Feier einen Kinosaal für sich allein zu haben: Wer 15 Eintrittskarten kauft, kann mit Freunden oder der Familie ganz unter sich einen Film genießen.
Die Denkmalschutzbehörde sei bei der Realisierung des zweiten Kinosaals äußert kooperativ gewesen, sagt Fritz. Wichtig war, dass im Außenbereich das alte Aussehen beibehalten wurde, im Innern gab es keine Vorgaben. Noch einmal blickt Ingo Fritz zurück auf die Geschichte des Familienunternehmens, das nun mit dem „Petit Cinema“ ein deutliches Zeichen setzt, dass es noch lange ein Kino in der Kreisstadt geben wird. Was der Uropa und der Opa in den Anfängen geleistet hätten, davor habe er ganz großen Respekt, so Ingo Fritz. Und Tante Anita Fritz fügt augenzwinkernd hinzu: „Jetzt haben sie mir wieder mehr Arbeit aufgehalst.“