Dienstag,
29.10.2019 - 00:00
3 min
Birkenauer stimmen klar gegen Bau des Bürgerhauses
Von Katja Gesche

Die Entscheidung ist gefallen: Am Schwimmbad in Birkenau wird kein Bürgerhaus gebaut. (Foto: Katja Gesche)
BIRKENAU - Mit fast 83 Prozent haben sich die Birkenauer überraschend eindeutig gegen den Bau eines Bürgerhauses am Schwimmbad ausgesprochen. Als am Sonntagabend die ersten Ergebnisse des Bürgerentscheids im Sitzungssaal des Rathauses gezeigt wurden, war das Erstaunen groß. In Buchklingen, dem ersten ausgezählten Ortsteil, hatten sich 86,9 Prozent gegen den Bau des Bürgerhauses ausgesprochen. In Hornbach, Nieder-Liebersbach und den anderen Ortsteilen sah es ähnlich aus. Als klar wurde, dass auch in den Wahllokalen der Kerngemeinde maximal 25 Prozent für das Bürgerhaus votiert hatten, wurde allen Anwesenden klar, dass die Entscheidung gefallen war. Das Endergebnis: 82,81 Prozent sprachen sich gegen den Neubau aus, nur 17,19 Prozent dafür. Dank einer Wahlbeteiligung von 56,28 Prozent war auch das notwendige Quorum von 25 Prozent der Wahlberechtigten erreicht und so der Beschluss gültig.
Den Bürgerentscheid zum Bürgerhaus hatte nicht, wie sonst üblich, ein Bürgerbegehren erstritten. Stattdessen hatte sich die Gemeindevertretung durch ein sogenanntes Vertreterbegehren einstimmig für die Abstimmung eingesetzt. In den vergangenen Jahren, vor allem aber in den letzten Wochen und Monaten war über das geplante Bürgerhaus zum Teil hitzig gestritten worden. In der Gemeindevertretung hatten sich zuvor CDU und SPD prinzipiell für das geplante Gebäude ausgesprochen, FDP, Freie Wähler und Grüne waren dagegen.
Das klare Nein zum Bürgerhaus erfreute natürlich die Bürgerinitiative gegen das Bürgerhaus. Michael Pauli, der neben Theo Zimmerschied die Vertrauensperson der Initiative ist, sah die Arbeit bestätigt. Sie hatte resolut für das Nein bei der Abstimmung geworben. „Bei einem Ja wäre unsere Arbeit des letzten Dreivierteljahres vergeblich gewesen“, zeigte sich Pauli erleichtert. „Unser Hauptargument war ja schlicht, dass wir kein Geld haben.“ Dies gelte noch mehr, nachdem die Zuschüsse weggefallen sind. Martin Dittert (FDP) erklärte, dass seine Fraktion das Ergebnis ebenso befürworte. „Uns ist es aber auch wichtig, dass die Emotionen nun besänftigt werden“, spielte er auf die nicht immer freundlichen Diskussionen unter anderem in den sozialen Netzwerken an. Peter Lindner (FWV) merkte an, dass zum eindeutigen Ergebnis wohl auch beigetragen habe, dass sogar Bürgermeister Helmut Morr (parteilos) – zuvor Verfechter des Bürgerhauses – zuletzt vor den Risiken des Baus gewarnt habe. Klaus Elflein (Grüne) sieht dank der Entscheidung mehr finanzielle Manövriermasse für andere Projekte wie den möglicherweise notwendigen Neubau eines Kindergartens.
Doch auch Vertreter jener Fraktionen, die sich zuvor zustimmend gezeigt hatten, waren mit dem Ergebnis nicht unzufrieden. So betonten die Fraktionsvorsitzenden Stefan Roewer (CDU) und Bernd Brockenauer (SPD), dass sie diese demokratische Entscheidung natürlich anerkennen und froh sind, dass sich so viele Bürger an der Wahl beteiligt haben. Nun aber, so Roewer, stelle sich unter anderem die Frage, wie es nach der Entscheidung mit der Südhessenhalle in Reisen weitergehe. Die hatte seit Schließung des alten Vereinshauses 2011 Großveranstaltungen wie die Fastnacht beherbergt. Allerdings sollte sich die Halle nach Bau eines Bürgerhauses wieder nur dem Sportbetrieb widmen.
PLANUNG UND FINANZIERUNG
Die letzte Kostenschätzung durch das Planungsbüro Studiobornheim belief sich auf 5,4 Millionen Euro. Der Bau ist oftmals in der Planung geändert, beziehungsweise verkleinert worden. So sollte das quadratische Gebäude ursprünglich 52 Meter Kantenlänge messen. Der letzte Stand waren 40,3 Meter.
Kurz vor dem Bürgerentscheid war bekannt geworden, dass sowohl die Zuschüsse aus dem Dorfentwicklungsprogramm Ikek wie auch aus dem Kommunalen Investitionsprogramm (KIP) wohl weggefallen wären. Die bisher angefallenen Kosten für das Bürgerhaus belaufen sich laut Gemeinde auf rund 450 000 Euro. (kag)
Kurz vor dem Bürgerentscheid war bekannt geworden, dass sowohl die Zuschüsse aus dem Dorfentwicklungsprogramm Ikek wie auch aus dem Kommunalen Investitionsprogramm (KIP) wohl weggefallen wären. Die bisher angefallenen Kosten für das Bürgerhaus belaufen sich laut Gemeinde auf rund 450 000 Euro. (kag)
Brockenauer sprach ebenfalls die weitere Entwicklung an. „Ich meine immer noch, dass wir ein Vereinsheim oder Bürgerhaus brauchen, aber nicht in dieser Dimension“, erklärte er. Eine neue Idee in dieser Richtung kommt von der FWV. Peter Lindner wirbt dafür, alternativ zum Bürgerhaus ein Gemeindezentrum mit Versammlungsraum, Schwimmbadräumen und Kindertagesstätte in Betracht zu ziehen.
Nachdenklich zeigte sich der Erste Beigeordnete Birkenaus Wolfgang Grün (Grüne). „Ich bin froh, dass es um ist“, meinte er. „Es hat die Bevölkerung ziemlich entzweit. Mir hat der Ton, der in den Diskussionen teilweise angeschlagen wurde, gar nicht gefallen.“