Birkenau: Zwölf Gasflaschen im ganzen Haus verteilt
Am Sonntagmorgen kam der 59-jährige Besitzer zum explodierten Gebäude zurück und wurde von der Polizei festgenommen. Unterdessen beginnen vor Ort die Aufräumarbeiten.
Von Astrid Wagner
Im gesamten Gebäude waren zwölf Gasflaschen verteilt, mit denen die gewaltige Explosion wohl ausgelöst wurde. Dem Besitzer wird das Herbeiführen eines Brandes zur Last gelegt.
(Foto: Astrid Wagner)
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BIRKENAU - Der Mann, der am Freitag - am Tag der Zwangsversteigerung - mutmaßlich sein Einfamilienhaus in die Luft gesprengt hat, ist gefasst. Beamte der Polizeistation Heppenheim nahmen ihn am Sonntagmorgen fest, als er zu den Trümmern seines Hauses zurückkehrte. Näheres ließ die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht verlauten.
Öffentlich nach dem Besitzer gefahndet
Bis zuletzt war unklar, ob der 59-Jährige nicht doch unter den Trümmern seines Einfamilienhauses in Birkenau-Löhrbach liegt. Vorsichtshalber hatte die Polizei seit Freitagabend öffentlich mit Foto und Namen nach dem Mann gefahndet. Die Ermittlungsbehörden haben gegen ihn inzwischen ein Verfahren wegen besonders schwerer Brandstiftung eröffnet.
Nach den Löscharbeiten hatte das Technische Hilfswerk (THW) noch am Freitag damit begonnen, mit zwei Radladern eingestürzte Mauern und andere Bauteile auseinanderzuziehen. Schließlich suchten zwei Trümmer- und Flächensuchhunde die Überreste des Hauses ab - jedoch ohne anzuschlagen, berichtete Ullrich Michel vom THW Bensheim. Garage und Keller des Hauses sind nahezu unversehrt und konnten von den Einsatzkräften selbst überprüft werden. Einen Hinweis auf den Verbleib des mutmaßlichen Brandstifters fanden sie dort nicht.
Sobald die Lösch und Bergungsarbeiten abgeschlossen sind, soll die Ursache für die Explosion und den Brand ermittelt werden. Foto: Sascha Lotz
Einzelne Trümmerteile folgen bis zu 50 Meter weit. Foto: Sascha Lotz
Auch ein Nachbarhaus wird bei der Explosion durch umherfliegende Trümmer stark beschädigt. Foto: Sascha Lotz
Auch der Landrat macht sich vor Ort ein Bild von der Lage. Foto: Sascha Lotz
Von dem Haus sind nach der Explosion und dem anschließenden Brand nur noch Trümmer übrig geblieben. Foto: Sascha Lotz
Derzeit ist unklar, ob sich der Besitzer des Hauses, das heute zwangsversteigert werden sollte, noch in den Überresten befindet. Die Suche soll zeitnah erfolgen. Foto: Sascha Lotz
Zum Glück wurde niemand durch umherfliegende Trümmer verletzt. Foto: Sascha Lotz
Die Feuerwehr ist mit diversen Fahrzeugen vor ort. Unter anderem wird auch von der Drehleiter aus gelöscht. Foto: Sascha Lotz
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Hochexplosives Sammelsurium
Am Samstag geht die Spurensuche weiter. Neben einem Holzstapel stehen zwölf große Gasflaschen, die im Gebäude verteilt waren. Dazu drei Kanister mit Aufklebern, die vor einer leicht entflammbaren Flüssigkeit warnen. Beim Anblick dieses hochexplosiven Sammelsuriums erhärtet sich der Verdacht der besonders schweren Brandstiftung.
Ein wenig seltsam mutet an, dass keine persönlichen Gegenstände oder Möbelreste zu sehen sind. „Als wäre er schon ausgezogen“, wundert sich ein Anwohner. In der Garage steht das Auto des Hauseigentümers, es scheint so gut wie unversehrt zu sein. Im Hintergrund, dort, wo es in die Kellerräume geht, sieht man einen Hubwagen, Werkzeuge, Teile der Ausrüstung der Schlosserei, die der Besitzer dort betrieben hat.
Erleichterung
Kurz nach der Verhaftung machte die Nachricht die Runde im Ort. „Jetzt können wir wieder ruhiger schlafen“, kommentierte eine Anwohnerin die Festnahme.
Was fehlt, ist der Roller. Sagen die einen. Aber hier scheiden sich die Geister. Nach Auskunft eines Polizeibeamten seien die Aussagen diesbezüglich widersprüchlich. Den Roller habe der Eigentümer längst nicht mehr besessen, behaupten ein paar Löhrbacher. Diejenigen, die das ECHO am Wochenende befragen konnte, sind sich dagegen sicher: Der Roller war bis zuletzt im Besitz des Mannes.
Hin- und hergerissen zwischen Wut, Entsetzen und auch ein bisschen Verständnis
Am Samstagvormittag schickt das THW Viernheim einen Trümmersuchhund über das Trümmerfeld. Der verhält sich an einer Stelle auffällig - schlägt aber nicht eindeutig an. Dennoch Grund genug für Kriminalpolizei, THW und Feuerwehren, die Ruine noch einmal gründlich zu durchsuchen. Gegen 15.45 Uhr kommt der Radlader des THW Bensheim erneut zum Einsatz. Schaufel für Schaufel räumt er den Schutt beiseite und nähert sich in stundenlanger Arbeit der Stelle, die der Hund angezeigt hat. Einsatzkräfte begutachten sorgfältig den Inhalt jeder Baggerschaufel, um ja keinen Hinweis zu übersehen. Jeder Stofffetzen wird in Augenschein genommen, ein Rucksack durchsucht. Nichts.
Immer wieder schauen Anwohner vorbei, können noch immer nicht so richtig begreifen, was geschehen ist. Sie sind hin- und hergerissen zwischen Wut, Entsetzen und ab und an auch ein bisschen Verständnis. „200 000 Euro (so war der Wert von Haus und Grundstück für die Zwangsversteigerung angesetzt) sind doch kein Menschenleben wert“, schüttelt ein Mann den Kopf.
Es war großes Glück, dass keinem etwas zugestoßen ist. Wäre im Moment der Explosion jemand am Haus vorbeigegangen - er hätte von Trümmerteilen getroffen werden können. Das Einfamilienhaus stand frei, man kann das Grundstück ohne weiteres einmal umrunden. Ein Weg führt durch die Wiesen, ein kleines Sträßchen trennt die Ruine vom beschädigten Nachbarhaus, dessen in Mitleidenschaft gezogenes Dach mittlerweile mit einer Folie abgedeckt worden ist. Die drei geborstenen Fenster sind mit Sperrholzplatten verschlossen. Zwei Häuser weiter unten wird die Scheune dort wieder neu eingedeckt, wo die Druckwelle der Detonation für Schäden gesorgt hat.