„Tanzmainz“-Festival: Quietschende Buchstaben-Performance...

Jordi Galí vom Pariser Zentrum „La Briqueterie“ lässt bei „T“ eine irrwitzige, kinetische Skulptur entstehen Foto: Anais LLeixà  Foto: Anais LLeixà
© Foto: Anais LLeixà

Es ist der zweite Tag der zweiten Ausgabe des Festivals „tanzmainz Update“ – und heute trifft man sich im Orchestergraben des Staatstheaters. Von dort geht es weiter in...

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MAINZ. Es ist der zweite Tag der zweiten Ausgabe des Festivals „tanzmainz Update“ – und heute trifft man sich im Orchestergraben des Staatstheaters. Von dort geht es weiter in den riesigen Orchestersaal, wo folgende Kulisse wartet: eine Konstruktion aus alten Fahrrädern, Strippen, Hölzern, zwei Lautsprechern und einem nostalgisch anmutenden Ungetüm. In der Mitte des Raumes liegen drei Leitern, zwei Fahrzeugreifen, zwei Balken, zwei Bretter. Was es damit wohl auf sich hat?

Fahrradobjekt an kantigen Holzbalken

„T“ heißt der erste Teil dieses Tanzabends – und dort ist es schon zu sehen: Jordi Galí bildet diesen Buchstaben mit einem langen Balken auf dem Rücken. Bald darauf wird das Fahrradobjekt aufgezogen, an einem von vielen Fäden fährt ein Gewicht hoch, das hintere Rad beginnt sich zu drehen und stößt Töne aus wie eine ausgeleierte Spieluhr. Kenner der zeitgenössischen Bildenden Kunst dürfte das an Jean Tinguely erinnern, den Schrottskulpteur mit den quietschenden Tönen. Konzentriert beginnt Galí mit dem Balken zu arbeiten, verkantet nach und nach Leitern, Bretter, Rundhölzer und Reifen zu einer Skulptur, die Schritt für Schritt durch den Performer gehalten wird. Im Hintergrund fährt das Gewicht langsam nach unten – und setzt den „Großen Vogel“ aus Holz, Metall und Stein in Bewegung: Da ist das Ungetüm, es wirkt wie ein riesiger Nickvogel der 50er-Jahre, jenes Spielzeug, das ständig nach einem Glas Wasser pickt. Galís Skulptur ist inzwischen fertig. Eine Leiter und ein Rundholz schwingen wie in den kinetischen Skulpturen eines Georges Rickey, während der Skulpteur auf seinem Werk ruht.

Ausruhen, Ausklang, Dunkelheit, bis Honne Dohrmann Elisabetta Bisaro vorstellt, die bei Paris das Tanz- und Performance-Zentrum „La Briqueterie“ führt. Sie hat Galí und die Irin Oona Doherty für einen Auftritt auf dem Mainzer Festival ausgewählt. Oonas Performance „Hope Hunt & The Ascention into Lazarus“ beginnt auf dem Tritonplatz. Ein Auto fährt vor, laute Musik, Breakdance. Rau, bis ins kleinste Detail präzise, so scharf und direkt, dass es unter die Haut geht, bis man sich in U17 wieder fängt – dann folgt ein Tanz-Wortspiel in bester Dadatradition. Über „bumsen“, „scheiße“ und den schnellen Griff in den Schritt führt Oona ein aggressives Männlichkeitsbild ad absurdum, geht dem Stereotyp des „ewig benachteiligten“ Mannes nach und versucht, es zu dekonstruieren. Chormusik erfüllt den Raum, wenn sich schließlich drohende Gesten mit klassischem Tanz verbinden und Oona in blendendem Weiß zu dem vordringt, was uns verbindet; die Suche nach Wahrheit, Hoffnung und Liebe.