Premiere von „Alles was Sie wollen“ in Darmstadt

Gemeinsam essen stärkt die Freundschaft: Ulrich Sommer und Carmen Wedel in „Alles was sie wollen“. Foto: Theater Curioso
© Theater Curioso

Das Theater Curioso inszeniert im Mollerhaus eine Komödie von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Parellièr.

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DARMSTADT. Ihre langsam überlaufende Badewanne hat Lucie Arnaud schon längst vergessen. Trotzdem steht ihr das Wasser bis zum Hals. Noch kein einziges Wort ihres neuen Stücks konnte die Dramatikerin zu Papier bringen, dabei soll schon in drei Monaten Premiere gefeiert werden. Gestresst läuft sie in ihrer Wohnung auf und ab, bis Thomas, der neue Nachbar von untendrunter, an die Tür der sonst so menschenscheuen Lucie klopft. Dass es ihm mittlerweile ins Wohnzimmer regnet, scheint ihm bei Lucies Anblick schnell egal zu sein. Ihrer gereizten Art begegnet Thomas mit Charme und Witz – und legt damit den Grundstein für eine etwas unkonventionelle Beziehung.

„Alles was Sie wollen“ heißt die Komödie von Matthieu Delaporte und Alexandre de La Parellière, die in einer Inszenierung von Theater Curioso am Freitag im Theater Mollerhaus Premiere hatte. Carmen Wedel als Dramatikerin Lucie und Ulrich Sommer als Steuerberater Thomas sind an diesem Abend wunderbar aufgelegt und gehen in ihren Rollen spielfreudig auf. Aus anfänglichen Wortgefechten und bissigen Neckereien entsteht zügig und doch glaubwürdig eine intime Freundschaft, die sich nicht nur in den Worten, sondern auch im Spiel der beiden wiederfinden lässt.

Fast das gesamte Stück spielt in Lucies Wohnzimmer, in dem die wenigen Sitzgelegenheiten mal die Rolle der Praxis-Couch eines Therapeuten übernehmen, mal zum Schauplatz eines romantischen Abendessens werden. Dabei gelingt Regie (Hans Richter), Buch und Schauspielern über rund eineinhalb Stunden hinweg eine facettenreiche Charakterzeichnung. Thomas etwa versteckt unter seinem Auftreten als charmant-forscher Gentleman die schwere Last eines tragischen Verlustes. Er selbst lenkt die Aufmerksamkeit dabei aber nie auf sich, sondern fungiert von Beginn an als Unterstützer für Lucie.

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Die hat schon einiges durchmachen müssen – von den Freunden, die es lediglich im Bücherregal gab, über die alkoholkranke Mutter bis hin zum früh verstorbenen Bruder. Schon im Kindesalter hat sie deshalb gelernt, Sorgen und Probleme schreibend zu verarbeiten. Das Mittel zum Zweck hat Lucie später zum Beruf gemacht, sämtliche ihrer Theaterstücke basieren auf dem eigenen Leben. Blöd nur, dass all diese Geschichten irgendwann erzählt sind und aktuell einfach kein weiterer Schicksalsschlag für Tragik sorgen will. Im Gegenteil: Lucie ist – mehr oder weniger glücklich – mit Schauspieler Daniel Ferran verheiratet, wohnt in einer schönen Wohnung, und das Theater verkauft schon Karten für ihr Stück, das es noch gar nicht gibt. Was aber machen, wenn der Schritt in die Fiktion verpönt, die neue kreative Ader in Form eines gravierenden Problems aber noch nicht in Reichweite ist?

Lucie und Thomas nehmen die Sache selbst in die Hand und geben Ehemann Daniel gerade so genug Hinweise, dass der davon überzeugt sein muss, Lucie an eine Affäre zu verlieren. Dass ihr das eigene Stück derweil wichtiger wird, als die reale Beziehung zu ihrem Mann, spricht Bände – und rückt auch das Verhältnis zu Thomas in ein neues Licht.

In der zweiten Hälfte avanciert „Alles was Sie wollen“ schließlich zum Stück in Stück. Zwar konzentriert sich die Komödie dann zunehmend auf die eigentliche Liebesgeschichte und manche Themen, wie der Konflikt zwischen Glück und Schreibblockade gegen Trauer und Kreativität, bleiben nur angeschnitten. Das ist dann aber so sympathisch inszeniert und gespielt, ohne die schmale Grenze zum Kitsch zu überschreiten, dass man darüber gerne hinwegsehen mag. Gepaart mit spitzzüngigen Dialogen, einer Prise Situationskomik und einem Hauch Dramatik, zeigt das Theater Curioso: Das Leben schreibt manchmal die besten Stücke.