Junges Staatstheater feiert Premiere mit „Ente, Tod und Tulpe“
Mit „Ente, Tod und Tulpe“ möchte das Junge Staatstheater Wiesbaden jungen Zuschauern das Thema Tod und Sterben vermitteln. Das Stück hatte jetzt Premiere.
Von Julia Anderton
Lokalredakteurin Wiesbaden
Elke Opitz als Ente (oben) und Sophie Pompe als Tod (unten) in „Ente, Tod und Tulpe“.
(Foto: Christine Tritschler)
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WIESBADEN - Abschiede tun immer weh und nehmen auf kein Alter Rücksicht: Der Verlust des heißgeliebten Haustiers, das Hinscheiden der Großmutter, ein überfahrenes Eichhörnchen am Straßenrand – auch kleine Kinder werden früh mit dem Thema Tod konfrontiert.
Die kleinen Zuschauer werden nicht überfordert
Eine ebenso sensible wie unverfälschte Annäherung hat der preisgekrönte Illustrator Wolf Erlbruch mit seinem 2007 erschienen Bilderbuch „Ente, Tod und Tulpe“ geschaffen, das in 16 Sprachen übersetzt wurde. Das Junge Staatstheater präsentiert die Theater-Adaption von Nora Dirisamer als erste Premiere der Spielzeit für Zuschauer ab vier Jahren im Studio des Hessischen Staatstheaters in einer liebevollen Inszenierung, die ihr junges Publikum zwar ernst nimmt, es aber dank klarer Figurenzeichnung und unprätentiöser Spielweise zu keinem Zeitpunkt überfordert.
Da ist die Ente (Elke Opitz als zielgruppengerechte Sympathieträgerin) im niedlichen Flausch-Tutu, die ihre Tage mit fröhlichen Tänzchen und ausgiebigem Gründeln verbringt, bis sie plötzlich einen ungebetenen Gast im Wohnzimmer stehen hat: Der Tod ist gekommen und lässt sich weder wegschicken noch austricksen – gegen ein bisschen Wartezeit hat er aber offenbar nichts einzuwenden.
Sophie Pompe (die als künstlerische Leiterin des Jungen Staatstheaters auch die Regie übernommen hat) gibt ihn als mondänen Mix aus Morticia Addams aus der „Addams Family“ und akkurat gescheiteltem Charleston-Girl, der nicht gruselig wirkt, aber eben deutlich anders aussieht als die fröhliche Ente mit lebhaft zerzaustem Dutt. Auch die Bühne mit flächendeckendem Sofa, Tulpen in Gummistiefeln auf Regalen und nostalgischen Blechdosen an der grün-goldenen Tapete ist interessant anzusehen und verweist zugleich behutsam auf den überschrittenen Zenit (Ausstattung: Nina Wronka); darüber schwebt der Mond, es plätschert das Wasser und zirpen die Grillen. Ein unaufgeregtes Idyll, aus dem sich die Ente nicht verabschieden möchte, zumal sie den Tod trotz des nahenden Endes eigentlich recht nett findet. Tatsächlich geht’s der Sensenfrau, die anstelle des Mähgeräts eine schwarze Tulpe zwischen den Fingern hält, nicht anders und so entspinnt sich zwischen den beiden eine rührende Freundschaft zwischen Schwimm-Lehrgängen, Kissenschlacht, Tango-Tänzen und tiefsinnigen Dialogen, die das Unfassbare auch für Kinder fassbarerer machen, wenn der Tod der Ente auf das Warum ebenso schlicht wie verständlich antwortet: „Alles, was lebt, verändert sich“ oder ihr die Angst vor dem Lebensende gar nicht abspricht, sondern die Ursache dafür in aller Ruhe erklärt: „Das ist normal. Wir fürchten uns vor den Dingen, die wir nicht kennen.“
Zwischendurch darf allerdings herzhaft gelacht werden, schließlich macht die Ente das Beste aus ihrer restlichen Lebenszeit. Sie fischt Fahrradreifen und Quietsche-Entchen aus dem Wasser, wagt kreative Fluchtversuche oder möchte ihr Leben als romantisches Kitsch-Werk auf die Leinwand bringen, was der Tod indes mit einer wilden Action-Version kontert. Ja, und am Ende fließt auch ein Tränchen (beim Tod wohlgemerkt, der neben Appetit auch Gefühle entwickelt hat), aber traurig stimmt das Stück nicht, sondern regt vielmehr zum Nachdenken, Reflektieren und Erzählen zwischen kleinen und großen Besuchern zu einem ungeliebten, aber elementaren Thema an.