Die Tücken der Wissenschaft: Das Physiker Duo Remfort & Wöhrl gastiert mit dem Programm „Methodisch inkorrekt“ im Frankfurter Hof in Mainz. Viele erstaunliche Live-Experimente.
Von Torben Schröder
Nicolas Wöhrl (re.) und Reinhard Remfort an den Schnittstellen von Wissenschaft und Pseudowissenschaft.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
MAINZ - Verschwörungstheorien und esoterischer Hokuspokus, natürlich Donald Trumps Einschätzung, die Klimaerwärmung sei eine Falschmeldung – wer all dem, was Tag für Tag so über die Bildschirme und Displays strömt, mit wissenschaftlicher Methodik auf den Grund gehen will, dem wird so schnell nicht langweilig.
Reinhard Remfort und Nicolas Wöhrl tun das seit einigen Jahren mit ihrem Podcast „Methodisch inkorrekt“, und zwar mit Erfolg: Ausverkauft meldete der Frankfurter Hof beim Gastspiel der beiden Physiker, die ihren zweieinhalbstündigen Ritt quer durch die Welt des Obskuren mit allerlei Live-Experimenten garnierten.
Es begann ganz simpel. Steckt man die Öffnungen zweier Wasserflaschen, die eine voll, die andere leer, mit einem 3 Euro teuren Verbindungsstück zusammen und erzeugt einen Strudel, dann fließt das Wasser gleichsam durch den Sauerstoff hindurch in die andere Flasche hinein. Nimmt man 18,90 Euro in die Hand, passiert dasselbe, aber das Ganze nennt sich Wasservitalisierer. Es gibt auch eine Variante aus Gold, Bergkristallen und, tatsächlich, „Liebe“ für schlanke 1 400 Euro. Belebtes Wasser, intelligentes Wasser – es gibt Unternehmen, die Millionenumsätze mit so etwas erwirtschaften. Und eine dreistellige Anzahl Bäckereien, die auf dieses Wasser zurückgreift.
Das Duo stellt eine Studie vor. 13 Prozent der Befragten vertrauen der Wissenschaft sehr, 41 Prozent eher. 39 Prozent sind sich unschlüssig. „Wem will man vertrauen, wenn nicht der Wissenschaft?“, fragen die Physiker und empfehlen wissenschaftliche Erkenntnisse als sinnvollen Rahmen zur Organisation des Zusammenlebens. Es ist das ganz große Fass, das Remfort und Wöhrl aufmachen. Da erstaunt es dann schon, dass sie sich ausgiebig an doch eher randständigen Themen wie der Wasser-Abzocke oder einem angeblich mit seinem Blick heilenden Scharlatan abarbeiten. Die Regeln des amerikanischen Astrophysikers Carl Sagan (1934-1996) zum wissenschaftlich abgewogenen Denken werden zitiert. Die Argumente der Mächtigen haben nicht mehr Gewicht. Glaube nicht zu sehr an eine Hypothese, nur weil du sie erdacht hast. Wenn möglich, quantifizieren und Störfaktoren kontrollieren.
Alles gut, alles richtig. Doch was die wirklich relevanten Themen unserer Zeit angeht, sinnvolle Gegenstrategien zur Klimaerwärmung bis zur Grenzwert-Debatte bei Stickoxiden, liefert das Duo allenfalls beiläufige Anmerkungen. Der Faden zur Homöopathie wird aufgenommen, aber bald wieder fallen gelassen. Am Ende steht die Botschaft: Das wissenschaftliche Weltbild erodiert, wir müssen aufstehen und gegen Unsinn protestieren. Auf Proteste hin hat ein Unternehmen darauf verzichtet, „entstörte Barcodes“ auf seine Produkte zu drucken, die offenbar den ein oder anderen Aluhut-Träger ängstigen. Kann man wichtig finden, oder auch nicht.