Im Interview nimmt Staatstheater-Intendant Markus Müller Stellung zu den Sparplänen der Stadt Mainz in Höhe von 900 000 Euro.
MAINZ. Aufgrund der Sparanordnung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) für den städtischen Haushalt plant die Stadt Mainz insgesamt 900 000 Euro an Zuschüssen für das Staatstheater zu streichen. Wir sprachen mit Intendant Markus Müller.
Herr Müller, für wie bedrohlich für die finanzielle Gesamtsituation des Theaters halten Sie die Sparpläne der Stadt?
Durch Kurzarbeit und starke Einsparungen sind wir glücklicherweise recht gut durch die Coronazeit gekommen. Doch die Perspektiven sind ausgesprochen schwierig. Wenn wir weiterhin, was ja als sicher gelten darf, die Zuschauerräume nicht voll besetzen können, drohen große Einnahmeverluste. Wir haben darum bereits jetzt die Entnahme einer erheblichen Summe aus den in den vergangenen erfolgreichen Jahren gebildeten Rücklagen für die nächste Spielzeit eingeplant. Zusätzliche Kürzungen von einer solchen Größenordnung würden uns, vor allem mittelfristig, ganz klar in Schwierigkeiten bringen. Darüber hinaus halte ich es für ein fatales gesellschaftliches Signal, ausgerechnet bei der Kultur zu sparen. Wir brauchen Begegnungsorte wie unser Theater in diesen mehr als angespannten Zeiten dringend, um wieder zueinander zu finden.
Das Aktionsbündnis für das Mainzer Theater befürchtet den Abbau von 30 Stellen. Ist diese Zahl realistisch?
Kurzfristige Einsparungen im Theater betreffen grundsätzlich den künstlerischen Etat – also engagierte Kolleginnen und Kollegen im künstlerischen Bereich und Produktionen. Das im Raum stehende Volumen von 900 000 Euro Einsparungen könnte durchaus die genannte Größenordnung betreffen, insbesondere, da im Theater viele in Teilzeit arbeiten.
Die Wirtschaftspläne für die Spielzeiten 2020/21 und 2021/22 sind bereits vom Aufsichtsrat einstimmig mit den Stimmen der Stadt verabschiedet worden. Kann die Stadt rechtlich jetzt überhaupt so ohne weiteres ausscheren?
Bisher waren beschlossene Wirtschaftspläne sowohl für uns als Geschäftsführung als auch für die Rechtsträger stets verbindliche Handlungsgrundlage, darauf haben wir uns immer verlassen können. Wenn diese Grundlage überraschend aufgekündigt wird, ist das ein Novum und schafft große Verunsicherung. Ich sehe darum in dieser Frage tatsächlich dringenden Klärungsbedarf.
Derzeit trägt das Land 53 Prozent der Betriebskostenzuschüsse, die Stadt 47 Prozent. Das Aktionsbündnis plädiert für eine grundsätzliche Neuordnung der Trägerschaft des Staatstheaters. Würden Sie dem zustimmen?
Dieser Prozess ist bereits vor einigen Jahren eingeleitet worden und wird weiter verfolgt. Für das Staatstheater Mainz gilt, dass der Finanzierungsanteil des Landes im Vergleich zu anderen Staatstheatern bundesweit unter dem Durchschnitt liegt. Aber dies ist eine Frage, die unsere Rechtsträger miteinander verhandeln müssen. Wir hoffen natürlich sehr auf ein Ergebnis, das uns für die Zukunft die Planungssicherheit gibt, die wir brauchen.
Könnten die Kürzungen Auswirkungen auf den Spielplan für die kommende Saison haben?
Für die Spielzeit 2021/22 sind alle Verabredungen getroffen, und wir werden sie auf jeden Fall einhalten.
Sie haben Ihre zweite Vertragsperiode 2019 um weitere zwei Jahre bis Juli 2026 verlängert. Wie sehr nagen Streichungspläne an der Motivation?
Verlässlichkeit und Vertrauen bilden die wichtigste Grundlage für unsere Arbeit, das galt für die Vergangenheit und gilt auch für die Zukunft. Ich bin sehr gerne in Mainz – wir fühlen uns mit unserer Theaterarbeit hier wertgeschätzt, und es macht große Freude, für ein so aufgeschlossenes und begeisterungsfähiges Publikum zu spielen. Auch darum kamen Angebote anderer Häuser für mich bislang nicht in Betracht, wir hatten und haben hier noch einiges zu erzählen. Ich setze darauf, dass wir weiterhin auf die Wertschätzung und verbindliche Unterstützung durch Stadt und Land zählen können. Allerdings würde ich, was Fragen zu meiner persönlichen beruflichen Zukunft betrifft, in jedem Fall zuerst vertrauensvoll mit unseren Rechtsträgern und natürlich mit meinen Kolleginnen und Kollegen sprechen.
Das Interview führte Michael Jacobs.