Das Theater(inc.)Labor widmet sich in „Handicapped Hamlet“ im Darmstädter Mollerhaus
Von Bettina Bergstedt
Johannes Christoph Maier – hier mit Lukas Buchwald, Max Ackfeld und Justus Schulz (von links) – spielt die Titelfigur im „Handicapped Hamlet“ des Theater(inc.)Labors. Foto: Andreas Kelm
( Foto: Andreas Kelm )
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DARMSTADT - In „Handicapped Hamlet“ führt eine kleine Extraaufführung im Darmstädter Mollerhaus zu Beginn in die Handlung ein, wenn aus dem Off der Geist von Hamlets Vater ertönt, der dem Sohn mitteilt, dass er vom eigenen Bruder ermordet wurde. Schnell heiratet im Anschluss die Mutter diesen Brudermörder, der dadurch zum König wird. Soll Hamlet den Vater rächen?
Inszenierung mit vielen Ebenen
Diese Hamlet-Inszenierung sprengt Grenzen. Sie bewegt sich zwischen Vergangenheit und Gegenwart, sie spielt im Theater und im Freien, sie enthält Shakespeare-Texte und moderne Sprache. Es wird live gespielt, und nur ein Drama unserer Zeit erscheint kurz als Video an der Wand: Flüchtlinge in Deutschland.
„Das Stück zeigt eine Welt, die völlig durcheinandergerät“: ein Satz aus dem Programmheft. Deshalb das Spiel auf verschiedenen Ebenen, das stark bildhaft in Szene gesetzt wird, damit die schwierigen Originaltexte auch ohne Textverständnis begriffen werden. Auf der Bühne des Theater(inc.)Labors stehen Menschen mit und ohne Handicap. Zu erleben ist laut Ankündigung „inklusive und professionelle Theaterkunst“ – großartig präsentiert von Max Ackfeld, Lukas Buchwald, Berit Failing, Anka Hirsch, Johannes C. Maier, Anna Preuß, Justus Schultz, Angela Weinzierl und Nadja Soukup, die das Stück auch mit Regisseur Max Augenfeld eingerichtet hat.
TERMINE
Die nächsten Aufführungen sind heute, Dienstag, 16., sowie morgen, Mittwoch, 17. Januar.
Infos und Kartenreservierung unter Telefon 06151-2 65 40, unter www.theatermollerhaus.de oder www.theaterlabor-inc.com. (bbeg)
Die herausfordernde Mischung gelingt. Das Programm ist anspruchsvoll und spielerisch leicht zugleich, lustig und dramatisch. Der rote Faden ist die alles bestimmende Frage „Sein oder Nichtsein?“, die Hamlet schon bei Shakespeare stellt, als er bemerkt, dass etwas faul ist im Staate.
Das Rambazamba beginnt dabei bereits im Foyer mit Tuba, Tamburin und Gejohle: So mag es zur Shakespeare-Zeit um 1600 gewesen sein, wenn Schauspieler um ihr Publikum warben. Nachdem die Plätze eingenommen sind, beginnt die Brudermord-Aufführung. Dabei verkörpern den König, die Königin und den Bruder jeweils zwei Personen. Die im Vordergrund stehende Figur wird von einem Menschen mit Behinderung gespielt, der an Stäben wie eine Marionette geführt wird, dahinter agieren professionelle Schauspieler, die auch den Text sprechen.
Nicht nur dies ist eine tolle Regieidee, um Rollenzuweisungen und Abhängigkeiten zu visualisieren. Das Mini-Drama wird darüber hinaus mit witzigen Ideen zum flotten Spektakel. „Dass einer lächeln kann und immer lächeln / Und doch ein Schurke sein“, kommt aus dem Off, einer der Darsteller tanzt zum Rhythmus Breakdance. Es folgen chorische Szenen – um schließlich mit Nachdruck zu fordern „bitte verlassen Sie den Saal“.
Raus aus der Behaglichkeit, Personenwechsel und ein Gang ums Mollerhaus. Im Spiegelraum folgt ein eindringlicher Monolog (Soukup), darunter der Textsplitter: „Ich geh nach Hause mit meinem ungeteilten Selbst“, wie ein Hinweis auf das Geflüchteten-Video. „Sein oder nicht sein“ – zurück im Bühnenraum wird dies zur Frage für geflüchtete Menschen, die mitteilen, dass es für sie bei „bleiben oder nicht bleiben“ genau darum geht. Zuletzt wechseln schließlich die Perspektiven. Die Stäbe an den Königskostümen wandern in die Hände der Schauspieler mit Handicap. Nun lenken sie die Profis und ermutigen die Zuschauer: „Ihr seid Hamlet!“