Darmstädter Theater im Pädagog zeigt „Räuber Hotzenplotz“
Klaus Lavies und Richard Heath spielen im Kinderklassiker von Otfreid Preußler sämtlich Rollen im wilden Wechsel.
Von Stefan Benz
Kulturredaktion Darmstadt
Da schlottert die Großmutter (Richard Heath): Räuber Hotzenplotz (Klaus Lavies) hat es auf ihre Kaffeemühle abgesehen.
(Foto: Andreas Kelm)
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DARMSTADT - Otfried Preußlers schönste Räuberpistole ist im Pädadgogkeller ein Fall für Zwei. Klaus Lavies und Richard Heath stürzen sich förmlich in den Kinderbuchklassiker und reißen die Zuschauer mit. Lavies ist schon voll auf der Rolle, als er den schwarzen Hotzenplotz-Bart noch gar nicht im Gesicht hat. Er pflaumt die Kleinen gleich mal an: „Was macht ihr hier und guckt in eine Richtung? Ist das ein Fernseher? Ist das eine Wii?“ Nein, das ist das Theater im Pädagog! Und hier pflegt man, passend zum Stück, eine durchaus raubauzige Ansprache ans junge Publikum. Weil sich die Kleinen bei der Premiere am Sonntagnachmittag aber nicht ins Bockshorn jagen lassen, ist sofort Schmackes im Spiel.
Das Theater greift hier zu einfachen Mitteln und reagiert auf Zuruf. Da geht es ab wie einst im Kinderzimmer, als dort noch keine Daddelmaschinen standen. Man nehme zwei Bügeleisen als Defibrillator für die Oma in Ohnmacht, zwei Pfeifen für Vogelzwitschern und Mofaknattern, zwei Handpuppen für Kasper und Seppel. Und schon ist das Publikum gepackt, bleibt auch über die recht lange Spieldauer von 75 Minuten mitspielfreudig, bis am Ende die Kids als Sondereinsatzkommando den Räuber quer durch das Kellergewölbe des Theaters im Pädagog abführen dürfen.
Klaus Lavies hat zwar keine Pfefferpistole, sondern eine Konfetti-Knarre, aber schon mit gezogenem Zeigefinger ist sein Hotzenplotz waffenscheinpflichtig, wenn er prollig poltert. Als walkürenhafte Fee Amaryllis mit Blondzöpfen singt Hausherr Lavies Schlager, schmachtet nach Glamour und deutet in einer Travestie an, dass die Fee und der Zauberer Petrosilius Zwackelmann ein altes Ehepaar sein müssen.
Richard Heath ist nicht nur der Magier, sondern auch Oma, Wachtmeister, Kasper und Seppel. Und stets ist er dabei auch ein bisschen Stan Laurel – trottelig, aber immer auch liebenswert, wenn er rumstromert und tänzelt. Als Dimpfelmoser geht ihm der Räuber durch, aber Eintrittskarten und Applaus kontrolliert er penibel. Dafür kann Zwackelmann mit Gummibällen und Kartoffeln jonglieren, und sein Kasper geht mit der Wunderkerze um.
Die Handlung wirkt dabei so wild zusammengestellt wie die Requisiten zwischen Sofa und Waldkulissen auf der Bühne. Aber das ist keine Einschränkung, denn das kleine Podium ist hier eben nicht die Grenze zum Zuschauerraum, sondern die Startrampe mitten ins Herz des Publikums. Wenn der Räuber in die Realität der Kinder einbricht, dann kann das gute alte Theater es doch noch spielend mit jeder virtuellen Wirklichkeit aufnehmen.