Besondere Momente lassen sich nur schwer wiederholen - Mit ihrer Interpretation von Chopins "Variationen Nr. 2 über "La ci darem la mano" hatte die Pianistin Sabine Simon im...
DARMSTADT. Besondere Momente lassen sich nur schwer wiederholen - Mit ihrer Interpretation von Chopins "Variationen Nr. 2 über "La ci darem la mano" hatte die Pianistin Sabine Simon im Oktober 2017 beim Jurorenkonzert des Darmstädter Chopin-Wettbewerbs in der Orangerie für Aufsehen gesorgt. Beim traditionellen Neujahrskonzert der Chopin-Gesellschaft, das am Samstag im restlos ausverkauften Kennedyhaus stattfand, hatte sie sich das frühe Werk erneut vorgenommen.
Und wieder glückte ihr eine pianistische Glanzleistung, die den Wunsch wachrief, Chopins selten gespielten Variationen noch viele weitere Male auf dem Konzertpodium erleben zu dürfen.
Abgesehen von der stupenden Virtuosität, die Simon an den Tag legte, beeindruckte die feinfühlige Gestaltungskraft, mit der sie jeder Phrase eine zutiefst menschliche Stimme verlieh. Selbst in den artistischsten Verzierungen und Läufen tendierte ihr Spiel nie zum Künstlichen, sondern bewahrte eine sangliche Natürlichkeit. Farblich geschickt zwischen Mozartscher Klarheit und chopineskem Kolorit changierend, ließ ihre Interpretation die emotionalen Verstrickungen des den Variationen zu grundliegenden Duetts aus Mozarts "Don Giovanni" auf faszinierende Weise plastisch werden. Aus der Musik sprach schwärmerische Hingabe und diabolische Verführungskraft.
Starke emotionale Sogwirkung
Glutvolle seelische Intensität verlieh Simon auch der zum Konzertauftakt gespielten "Wanderer-Fantasie" op. 15 von Franz Schubert. Die fiebrige Unruhe des Eingangssatzes brachte die Pianistin mit klarer Linienführung und prägnanter Tongebung unter Kontrolle, ohne den Eindruck schmerzlicher innerer Zerrissenheit abzumildern. Mit bemerkenswerten Tempogespür zwang sie die Fantasie unter einen kraftvollen Spannungsbogen, der eine starke emotionale Sogwirkung entfaltete.
Aus reicher Farbpalette, in die sich anders als bei Schubert auch metallisch schroffe, peitschende Klänge mischten, schöpfte Simon in den fünf Préludes aus Claude Debussys "Premier livre". Eine geheimnisvolle sakrale Kraft glühte in "La cathédrale engloutie", die den Höhepunkt der mit großem Beifall bedachten Prélude-Auswahl darstellte.