Rheingau Literatur Festival beginnt am 14. September

Wahrscheinlich werden sie sich auch am 20. September wieder zuprosten: Ulrich Wickert (links) und Heiner Boehncke beim Rheingau Literatur Festival 2014. Bei der bevorstehenden „Weinlese“ liest Wickert auf Schloss Johannisberg aus „Frankreich muss man lieben, um es zu verstehen“.Archivfoto: RMF/Ansgar Klostermann  Foto:

Wenn der Autor Heiner Boehncke über Literatur spricht, ist das zumeist eine süffige Angelegenheit. Damit ist jetzt aber nicht primär gemeint, dass seine Veranstaltungen oft...

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WIESBADEN. Wenn der Autor Heiner Boehncke über Literatur spricht, ist das zumeist eine süffige Angelegenheit. Damit ist jetzt aber nicht primär gemeint, dass seine Veranstaltungen oft mit mindestens einem Gläschen Riesling verbunden sind. Gemeint ist eher die sinnliche Wahrnehmung von literarischem Leben und dessen lebendige Vermittlung. „Süffig“ also metaphorisch: lässt sich mühelos goutieren, darf dabei aber auch ein paar Prozente Gehalt haben.

Wanderung mit „Weinbotschafter“

Im Gespräch zum Programm des bevorstehenden Rheingau Literatur Festivals (RLF), dessen Künstlerischer Leiter er seit 2004 ist, schwärmt er zum Beispiel vom Osteinschen Landschaftspark bei Rüdesheim und dem Blick hinunter ins Rheintal. Und von diesem Blick führt der Dialog mit dem Künstlerischen Leiter des Festivals zu den so unterschiedlichen Blickweisen von Goethe und Clemens Brentano auf die Region: Der Dichterfürst mit den ausgeprägt geologisch-mineralogischen Interessen sieht die Steine, der Romantiker die Unendlichkeit über dem Fluss. Themen für das Fach Literaturgeografie, das Boehncke als Professor in Frankfurt eingeführt hat.

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Der ehemalige Literaturredakteur beim Hessischen Rundfunk, Jahrgang 1944, wird auch in der 25. Ausgabe des Literaturfestivals (gemeinsam mit dem „Weinbotschafter“ Wolfgang Blum) eine literarische Wanderung führen: am 23. September „durch Amors Garten“ bzw. den Osteinschen Park. Das Problem mit diesen Wanderungen, klagt Boehncke: „Sie sind sofort ausverkauft.“ Das ist bei Ulrich Wickert noch nicht der Fall: Wegen der großen Nachfrage nach dem ehemaligen Anchorman der „Tagesthemen“, der Sachbücher und Kriminalromane schreibt, ist die Lesung aus seinem neuen Opus „Frankreich muss man lieben, um es zu verstehen“ in den Metternich-Saal von Schloss Johannisberg umgezogen. Boehncke moderiert die Veranstaltung am 20. September selbst und freut sich auf einen „Dauergast“ mit Liebe zur Literaturlandschaft. Wickert habe sogar im Rheingau geheiratet.

Die Lesung des Frankreich-Kenners gehört zum Frankreich-Schwerpunkt des diesjährigen Festivals, das damit auch auf die Frankfurter Buchmesse und ihr Gastland einstimmt. Eine Idee von Michael Herrmann, dem Intendanten und Geschäftsführer des Rheingau Musik Festivals und seinem literarischen Ableger RLF, sei es gewesen, für diesen Spätsommer ehemalige Preisträger des Festivals einzuladen. So macht Peter Stamm, im Jahr 2000 für seinen Debütroman „Agnes“ mit dem Rheingau Literatur Preis ausgezeichnet, am 14. September auf Burg Schwarzenstein den Auftakt mit seinem neuen Roman. „Weit über das Land“ erzählt die Geschichte einer Flucht aus dem Alltag.

Sten Nadolny, Jahrgang 1942 und unvergessen als Autor des Bestsellers „Die Entdeckung der Langsamkeit“, ist ebenfalls ein RLF-Preisträger (2012). Auf Schloss Johannisberg liest er nun am 15. September aus seinem Roman „Das Glück des Zauberers“. Boehncke freut sich auf ihn auch als „absolut sympathischen, angenehmen Menschen“.

Persönlich befreundet, erzählt Boehncke, sei er mit dem Frankfurter Autor Matthias Altenburg, der unter dem Namen Jan Seghers Krimis schreibt. Der Ausgangspunkt ist in „Menschenfischer“ wieder ein ungelöster Kriminalfall aus der hier besonders grausamen Wirklichkeit: Der 13-jährige Tristan Brübach wurde 1998 in Frankfurt-Höchst ermordet, der Täter nie gefasst. Nun hat Kommissar Marthaler die Aufgabe, das Rätsel auf der fiktionalen Ebene zu lösen. Matthias Altenburg hat Heiner Boehncke sogar einen „Tatort“ zu verdanken: Auf der Burg Schwarzenfels ist der Literaturwissenschaftler, dessen Vater Forstmeister war, geboren. Und als der Autor ihn einmal nach einem passenden Tatort gefragt hat, konnte er mit Schwarzenfels dienen. Nachzulesen im Krimi „Die Sterntaler-Verschwörung“.

Am 24. September wird Ingo Schulze geehrt

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Nachdem die Sterbebegleiterin Susann Pásztor am 23. September ihren Roman „Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ vorgestellt hat, bekommt Ingo Schulze am 24. September den Rheingau Literatur Preis für seinen Roman „Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst“.

Dass der Preis bei Autoren beliebt ist, liegt nicht nur am stattlichen Preisgeld von 11 111 Euro, wie Boehncke weiß. „Ist das der mit dem Wein?“, wird er immer wieder gefragt und bestätigt das gerne. 111 Flaschen Riesling gehören zur Auszeichnung. Wahrscheinlich ist auch dieser süffig.