WIESBADEN - Ihre Residenz beim Rheingau Musik Festival hätte Annette Dasch kaum vielfältiger anlegen können: Die in Berlin geborene Sopranistin wirkte zuletzt an der Aufführung von Beethovens neunter Sinfonie im Wiesbadener Kurhaus ebenso mit wie an einem Kammerkonzert des Fauré-Quartetts. Sie gab die Operettendiva in Lehàrs „Lustiger Witwe“ und wird mit ihrem ehemaligen Bayreuther Bühnenpartner Klaus Florian Vogt noch einen Liederabend gestalten. Dass sie nun im Friedrich-von-Thiersch-Saal ein weiteres musikalisches Genre sowie einen ihrer erklärten Lieblingskomponisten in den Vordergrund stellte, dürfte eine ganz besondere Herzensangelegenheit gewesen sein.
Zusammen mit den zwölf Cellisten der Berliner Philharmoniker nahm sich Dasch Filmmusik im Allgemeinen und den Begründer des Hollywood-Sounds, den von den Nazis vertriebenen Wiener Komponisten Erich Wolfgang Korngold, im Besonderen vor. Dass ihr Sopran, der von der Färbung wie vom Stimmumfang her in Richtung Mezzosopran tendiert, für die feinen Differenzierungen in der Mittellage ebenso gut geeignet war wie das edle Berliner Cello-Dutzend, hatte sich schon in der ersten, dramaturgisch bunt zusammengestellten Programmhälfte gezeigt.
Mit dezenter Feierlichkeit
Zwei frühe, 1885 komponierte Romanzen Claude Debussys, dazu ein gesungener Tango Astor Piazzollas waren die im Umfang wie im Ausdruck eher sparsam eingestreuten Beiträge Daschs.
Mit dem Hymnus für zwölf Violoncelli G-Dur op. 57 ihres spätromantischen Cello-Ur-Ahns Julius Klengel hatte die Philharmoniker-Gruppe eingangs jene Komposition mit dezenter Feierlichkeit strömen lassen, die sie 1972 überhaupt erstmals in dieser Formation aufs Podium gebracht hatte. Ansonsten sind es vor allem Bearbeitungen, mit denen sie besonders zur Festivalzeit durch die Konzertsäle touren. Dafür kann, wie nun im Kurhaus, ein Dvorák-Lied ebenso die Vorlage bieten wie eben ein knappes Jahrhundert Filmmusik.
Annette Dasch, die dem Song „Tomorrow“ aus dem 1943 gedrehten Streifen „The Constant Nymph“ feine Piano-Höhen als süßes Sahnehäubchen aufsetzte und satt die große vokale Geste in der Richard-Dehmel-Vertonung „I wish you bliss“ platzierte, war dafür eine vorzügliche Partnerin. Dass es die Nachkriegsgeschichte mit dem in Europa zunächst ignorierten Korngold längst nicht so gut meinte wie mit dem Hollywoodkino, war ein sicherlich gestatteter Nebengedanke, als die Philharmoniker-Cellisten den Filmmusikfaden weiterspannen – mit dem Witz des perfekt imitierten Mundharmonika-Solos aus „Spiel mir das Lied vom Tod“, dem satten Kitsch des „Titanic“-Sounds und einem hoch geschmackvollen „As time goes by“.