Im ausverkauften Darmstädter Literaturhaus gibt es jubelnden Applaus für den Pianisten Boris-Bloch.
DARMSTADT - Das Neujahrskonzert der Chopin-Gesellschaft stand im Zeichen der Trauer um den im Vorjahr plötzlich verstorbenen Pianisten Yuri Blinov (1975–2019), der eigentlich hätte spielen sollen. Der aus Odessa stammende Pianist Boris Bloch übernahm das Konzert am Sonntag im ausverkauften Darmstädter Literaturhaus und widmete sein Programm dem Gedenken an den Kollegen.
Am Beginn stand mit Mozarts Sonate a-Moll ein dunkel getöntes Werk, das gar nicht dem üblichen Bild des heiteren Meisters entspricht. Bloch betonte den unerbittlichen Charakter dieser Musik vor allem in den raschen Ecksätzen, deren Ruhelosigkeit und Dissonanzen-Fülle er gezielt herausarbeitete. Und selbst in dem mit „Andante cantabile con espressione“ überschriebenen Mittelsatz führte er die unerbittlich hämmernden Triolen des Mittelteils schonungslos aus.
Bei den beiden ersten Präludien und Fugen aus Bachs „Wohltemperiertem Klavier“ ging es dem Pianisten um scharfe Kontraste, indem er das zart angeschlagene C-Dur-Paar durch die kraftvoll gemeißelten Werke in c-Moll beantwortete. Das Ende der c-Moll-Fuge gewann so eine geradezu orgelmäßige klangliche Wucht.
Bei Beethovens Sonate „Les Adieux“ op. 81a legte Boris Bloch den Akzent auf die Gesten des Abschiednehmens, die er in der langsamen Einleitung wie im Mittelsatz „Abwesenheit“ mit differenziertem Anschlag zelebrierte.
Wuchtiges „Wiedersehen“
Umso wuchtiger und rasanter gelang ihm die Feier des „Wiedersehens“ im vorandrängenden Finalrondo.
Der zweite Programmteil zollte zunächst dem Genius des Hauses Tribut: Chopins Polonaise fis-Moll lebte in Blochs Interpretation aus dem Gegensatz zwischen dem heldisch auftrumpfenden Hauptthema und der als träumerische Reminiszenz eingeschobenen melancholischen Mazurka. Unerbittlich klangen dazwischen die aggressiv rollenden Zweiunddreißigstelfiguren. Wie eine helle Auflichtung wirkte danach das Fis-Dur-Impromptu mit seinen farbig changierenden Klangfarben und den sich überraschend ablösenden Einfällen.
Ganz zu Hause fühlte der Pianist sich offenbar bei einer Folge russischer Genre-Kompositionen, die er so gewählt hatte, dass der melancholische Grundton dominierte. Das düstere Prélude h-Moll von Anatol Liadov, der elegische Dialog aus op. 72 von Tschaikowsky, dessen „Un poco di Chopin“ im Mazurka-Rhythmus sowie zwei Walzer im elegischen Moll-Modus rundeten das Programm des Gedenkkonzerts ab, das zugleich einen Aufbruch ins Jubiläumsjahr der Chopin-Gesellschaft war, die ihr fünfzigjähriges Bestehen feiert.
Nach jubelndem Applaus zeigte der Virtuose noch einmal seine bravourösen Fähigkeiten mit zwei brillant gespielten Etüden von Chopin und dem dahin huschenden „Gnomenreigen“ von Franz Liszt als Zugaben.