Michael Nündel und die Sinfonietta Darmstadt stellen Mendelssohns dritte Sinfonie vor.
DARMSTADT. Mit einem sehr lebendigen Gesprächskonzert zu Mendelssohns dritter Sinfonie meldeten sich am Sonntag Dirigent Michael Nündel und die Sinfonietta Darmstadt aus ihrer halbjährigen Zwangspause zurück. Für die Einhaltung der abgekürzten Konzertdauer wird auf den Finalsatz verzichtet. Um trotz des reduzierten Sitzplatzangebots möglichst viele Zuhörer zu erreichen, gibt es zwei Vorführungen hintereinander, die erste wird im Livestream übertragen. Schließlich sollen in diesem Benefizkonzert für den Umbau zur barrierefreien Pauluskirche auch möglichst viele Spender erreicht werden.
In nur einer Stunde erklärt Nündel anhand von Zitaten aus Notenskizzen und Reisebeschreibungen, wie Mendelssohn die Eindrücke seiner 1829 unternommenen Schottlandreise 1842 in seiner „Schottischen Sinfonie“ verarbeitete. Das Orchester stellt Klangbeispiele aus Mendelssohns Notenskizzen der tatsächlichen Ausführung im ersten Satz der Sinfonie gegenüber. Unter anderem rekonstruierte Nündel für die Klarinetten eine Volksmelodie, die Mendelssohn zum Scherzo-Thema inspiriert haben könnte. Auch auf die „starken Kämpfer auf mächtigen Burgen“ und „graue Berge“ aus den Reisebeschreibungen wird das Publikum musikalisch aufmerksam gemacht.
Trotz der großen Abstände zwischen den Spielern und der halligen Akustik im Kirchenraum findet das Orchester zu Mendelssohns beseelt-schwebendem Gesamtklang. Oboen und Hörner atmen geradezu die Atmosphäre der schottischen Natur.
Als der dritte Satz verklungen ist, spendet das Publikum starken Applaus – und bleibt danach einfach sitzen. Zu groß scheinen die Freude am wieder möglichen Konzerterlebnis und die Hoffnung, den ausgelassenen vierten Satz doch noch zu hören.