Nachdem ihr Schlagzeuger erkrankt ist, setzt sich die kanadische Band „Billy Talent“ gegen Multiple Sklerose ein. Sie spielte in kleinem Rahmen im Wiesbadener Schlachthof.
WIESBADEN - Die Halle verdunkelt sich, die ersten Takte von „Big Red Gun“ erklingen auf der Gitarre, Bass und Schlagzeug stimmen ein. Sobald die unverwechselbare Stimme des Sängers Benjamin Kowalewicz ertönt, sind die Fans der Rockband „Billy Talent“ Feuer und Flamme. Es ist eine überschaubare Zahl an Fans, die Karten für das eher kleine Konzert im Kulturzentrum Schlachthof ergattern konnten, spielen die vier Kanadier doch sonst in großen Hallen. Und noch etwas ist anders. Der Sänger trägt nicht etwa wie seine Bandkollegen ein rotes Hemd, sondern ein weißes T-Shirt mit dem Aufdruck „F.U.MS“. Das Besondere an diesem Donnerstagabend ist nämlich: Es ist ein Benefizkonzert. Die Abkürzung auf dem T-Shirt steht für „Fuck you Multiple Sklerose“, das ist die Losung, mit der die Band der neurologischen Erkrankung, bei der die Markscheiden im Zentralnervensystem angegriffen werden, seit 2006 entgegentritt. Damals trat der Drummer Aaron Solowoniuk mit der Nachricht an die Öffentlichkeit, dass er selbst an Multipler Sklerose (MS) leidet. Seitdem veranstaltet die Band jährlich Benefizkonzerte und hat dieses Jahr zu ihrem 25-jährigen Bestehen die Stiftung „Billy Talent Charity Trus“ gegründet.
Der Erlös der verkauften Tickets dieses Konzerts geht an die Deutsche MS Gesellschaft, noch dazu wurden seltene Konzertposter versteigert, die allein über 2000 Euro eingebracht haben, wie Kowalewicz während des Konzerts verkündet. „Ihr unterstützt eine gute Sache“, sagt er und dankt der jubelnden Menge.
Erkrankter Schlagzeuger spielt drei Stücke
Schließlich betritt der Mann die Bühne, der das alles überhaupt möglich gemacht hat: Aaron Solowoniuk, der seit 2016 wegen seiner Erkrankung vom Alexisonfire-Drummer Jordan Hastings vertreten wird, setzt sich unter tosendem Beifall wieder selbst ans Schlagzeug und spielt die drei etwas ruhigeren Lieder „Lies“, „Pins and Needles“ und „Nothing to Lose“ aus den ersten beiden Alben.
Aus dem neusten Album werden tatsächlich nur zwei Stücke gespielt. Textsicher sind die Fans aber nicht nur bei den größten Hits wie „Red Flag“ und „Fallen Leaves“, sondern auch bei den älteren Stücken, die es sonst nicht auf die Setlist schaffen. „Auf jedem Konzert gibt es einen, der nach ‚Beach Balls‘ schreit“, erzählt der Sänger über den Song, der erstmals unter ihrem alten Bandnamen „Pezz“ veröffentlicht wurde. „Sonst müssen wir den immer enttäuschen.“ Diesmal ging derjenige vermutlich endlich mit einem breiten Grinsen nach Hause.
Zwar geht es an diesem Abend hauptsächlich um MS, aber „Billy Talent“ engagiert sich eben auch politisch. Und deshalb verabschiedet sich Kowalewicz mit den Worten: „Verhärtet nicht euren Geist und eure Herzen. Öffnet euren Geist und öffnet eure Herzen! Scheiß auf Donald Trump!“.