Mit den Sängern David Pichlmaier und Solgerd Isalv beginnt der vierteilige Zyklus am Staatstheater.
DARMSTADT. Gustav Mahlers Lieder sind nach Gehalt und melodischer Struktur eng mit seinem sinfonischen Schaffen verwoben. Und so ist es sinnvoll, dass Generalmusikdirektor Daniel Cohen in einem vierteiligen Zyklus Querverbindungen zwischen der vokalen und der instrumentalen Sprache dieses Komponisten herstellt. Die Corona-Einschränkungen brachten ihn auf die Idee, die Werke in zum Teil eigens im Auftrag des Staatstheaters Darmstadt geschaffenen Kammerfassungen vorzustellen.
Die „Lieder eines fahrenden Gesellen“ schildern die Gefühle eines einsamen Wanderers zwischen Liebe und Enttäuschung, Zuversicht und Verzicht. Und genau diese Kontraste betonte der Bariton David Pichlmaier in seiner Interpretation: zunächst in herbem Ton scharf artikulierend, dann mit halber Stimme ausdrucksvoll nachzeichnend, schließlich leidenschaftlich auffahrend wie im Lied „Ich hab’ ein glühend Messer in der Brust“. Cohen führte Sänger und Instrumentalisten in der Kammerfassung von Jonathan Spandorf feinfühlig und zielstrebig zusammen.
Die fünf Lieder nach Gedichten von Friedrich Rückert wurden von der schwedischen Mezzosopranistin Solgerd Isalv gestaltet, einem neuen Mitglied des Darmstädter Ensembles. Wie zuvor David Pichlmaier hatte auch sie es nicht leicht, sich gegenüber dem von den Bläsern dominierten Kammerorchester zu behaupten. Dennoch beeindruckte die Intensität, mit der sie sich in den lyrischen Tonfall der Lieder vertiefte. Dies gelang ihr besonders eindringlich im rätselhaften Gesang „Um Mitternacht“ und im abschließenden „Ich bin der Welt abhanden gekommen“.
Höhepunkt des Konzerts war das zwischen den Liedgruppen zelebrierte Adagio aus Mahlers unvollendeter zehnter Sinfonie, eine Musik, in der die liedhaften Elemente dominieren, beginnend mit einem expressiven Bratschensolo. Daniel Cohen führte das hier etwas stärker besetzte Kammerorchester zu weiten Spannungsbögen, die sich schließlich zu dem berühmten neuntönigen Akkord verdichten, mit dem Mahler die Grenze zur Atonalität erreicht. Dass jeder einzelne Musiker ein hervorragender Solist ist und dass zugleich das Ensemble zu runder Klangfülle fähig ist, wurde in dieser großartigen Wiedergabe deutlich.