WIESBADEN - Von einem „Gefühl der Zufriedenheit“ sprach der Geiger Stepán Jezek und meinte die Empfindung, die sich nach dem Hören einer Komposition von Antonín Dvorák verlässlich einstelle. Und tatsächlich: Das tschechische Bennewitz-Quartett löste mit seiner Aufführung des Streichquartetts Nr. 13 G-Dur op. 106 die so geweckte Erwartung vollständig ein. Aber auch eine andere Beschreibung, die der zweite Geiger des Quartetts in seiner kurzen Einführung in das Werk gegeben hatte, fand ihre Beglaubigung in der grandiosen Umsetzung dieses Spätwerks: Es sei, sagte Jezek, eigentlich eine Kammersinfonie im Quartettgewand.
Dieser Idee trug die Dvorák-Interpretation Rechnung, die das erste Saisonkonzert der Wiesbadener Reihe „Die Kammermusik“ im Herzog-Friedrich-August-Saal krönte. Ob es die schubkräftig und wie aus einem Guss gespielten Tutti-Passagen im ersten Satz waren oder die durchweg empfindsam phrasierte Liedhaftigkeit des langsamen Satzes: Das Bennewitz-Quartett verband technische Souveränität vorzüglich mit dem Eindruck spontaner Musikantik und erfasste mit der ausgewogenen Verbindung von Rationalität und Emotionalität die Qualitäten dieses späten Quartetts perfekt. Schließlich vereint sich darin der vertraute Melodienreichtum Dvoráks mit Experimentierfreude, mit formalem Mut im Scherzo und harmonischen Wagnissen am Ende des Finales.
Eröffnet hatte das Ensemble um den ersten Geiger Jakub Fiser sein Programm mit einem Werk, das Wolfgang Amadeus Mozart noch vor seinen Reisen nach Prag komponierte. Mit seinem zwar unterhaltsamen, aber lyrischen Grundton erwies sich das Streichquartett G-Dur KV 80 als reizvolle Rarität, in deren Genuss das Publikum freilich nur wegen einer Programmänderung kam – Lukás Polák war als Gast für den erkrankten Ensemble-Cellisten eingesprungen. Trotzdem ließ die Wiedergabe von Leos Janáceks Streichquartett Nr. 1 (nach Tolstois Erzählung „Kreutzersonate“) keinen Tribut an diese Umbesetzung erkennen; die herben klanglichen Schraffuren, die rhythmischen Kapriolen und vor allem die schonungslos-direkte Schmerzhaftigkeit dieses Spätwerks kamen uneingeschränkt zur Geltung. Ein Ruhepol war Josef Suks Meditation über den altböhmischen Choral „St. Wenzel“ op. 35a, die am Ende des kräftig bejubelten Konzerts eine hübsche Korrespondenz in der kleinen Bach-Zugabe fand.