Ganz speziell und mit drastischen Stilwechseln – ...

Der neue Schiersteiner Kantor Clemens Bosselmann hat sich mit einem Konzert an der Orgel von St. Christophorus in Schiersteiner dem Publikum vorgestellt und verblüffte mit...

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WIESBADEN. Ein Antrittskonzert als Ausritt durch religiöse wie verspielte Gefilde: In der Christophoruskirche gestaltete der neue Leiter der Schiersteiner Kantorei Clemens Bosselmann (in Gegenwart seines Vorgängers Martin Lutz) 75 abwechslungsreiche Minuten an der Orgel zwischen Barock, Klassik und Jazz. Er wolle das Programm den Möglichkeiten des Instruments in der Christophoruskirche anpassen, sagte Bosselmann zur Begrüßung.

Einige Werke aus dem „Real Book“ des Jazz

„Die Auswahl ist ein bisschen speziell – und ich bin manchmal auch ein bisschen speziell.“ Diese humorvolle Bemerkung schickte Bosselmann der Darbietung voran. Umrahmt wurde sie von Schöpfungen Johann Sebastian Bachs. Zur Eröffnung erklang das von Vivaldi inspirierte Concerto C-Dur BWV 594.

Gleich im ersten Satz ging von dem für eine Orgel eher intim anmutenden Klang des Instruments ein Reiz eigener Art aus. Rasante Läufe fanden sich im Finale – die Christophoruskirche ist ein Bau von facettenreicher Schönheit, sie untermalte den Vortrag.

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Der erste Kontrast: Aus dem „Real Book“, dem Standardwerk des Jazz, brachte Bosselmann „Baby won’t you please come home“ – swingende Grooves.

Ab zu den Hobbits: Zwei Stücke aus der Filmmusik zu „Der Herr der Ringe“ von Howard Shore leiteten eine seltene Begegnung von Hollywood-Flair und Kirchenorgel ein; hymnenartig wirkte „May it be“.

Wolfgang Amadeus Mozarts Fuge g-Moll KV 401 kam in ihrer komplexen, kündenden Anmut daher, eine elegische Komposition von Johannes Brahms schloss sich an: Choralvorspiel und Fuge über „O Traurigkeit, o Herzeleid“. Das Antrittskonzert lebte vom drastischen Wechsel der Stile wie auch von den augenzwinkernd spritzigen Ansagen Bosselmanns.

„Waltz for Debbie“ von Bill Evans fand ebenfalls Eingang ins „Real Book“: Der Organist deutete diesen Walzer von dick aufgetragener, wohltuender Rührseligkeit stilvoll.

In der abschließenden Triosonate C-Dur BWV 529 von Bach offenbarte sich Clemens Bosselmanns Gespür für Stimmführung und Registrierung. Applaus, noch ein U-Turn: „All the guests joined in“ (wieder aus dem „Real Book“) – alle Zuhörer gingen mit.