Den Vogel durch den Wolf gedreht: Grandioses Axel Fischbacher Quintett mit Kompositionen von Charlie „Bird“ Parker in Worms
Von Manfred Janß
Reporter Rheinhessen Süd
Brillant: Voller Hingabe widmete sich das Axel Fischbacher Quintett dem Werk von Charlie Parker. Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin
( Foto: photoagenten/Alessandro Balzarin)
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WORMS - Um eines vorwegzunehmen: Dieses Konzert hätte ein weitaus größeres Publikum verdient gehabt als die 70 oder 80 Zuhörer, die am Donnerstagabend auf den Stühlen im oberen Theaterfoyer saßen. Anders betrachtet haben all diejenigen, die nicht da waren, einen großartigen Jazzabend verpasst. Der Wuppertaler Gitarrist Axel Fischbacher und sein Quintett widmeten sich im Rahmen der Jazztage, einer neuen Konzertreihe der Wormser Jazzinitiative BlueNite, einem der ganz Großen des Jazz: dem Saxofonisten Charlie „Bird“ Parker.
Für Altmodischere gibt’s auch eine CD
„Wie würde sich Charlie Parker im 21. Jahrhundert anhören?“, umschrieb Volker Wengert, der Vorsitzende des Vereins BlueNite, wie sich das Axel Fischbacher Quintett dem „Erfinder des Bebop“ nähert. Also nicht einfach covern, sondern die Musik des Saxophonisten auf ganz eigene Weise interpretieren. „Wir haben seine Kompositionen mal kräftig durch den Wolf gedreht,“, beschrieb Axel Fischbacher das, was er zusammen mit Matthias Bergmann (Flügelhorn), Denis Gäbel (Saxofon), Nico Brandenburg (Kontrabass) und Tim Dudek (Schlagzeug) auf der neuen LP „Five Birds“ eingespielt hat. „Für Altmodischere gibt’s die aber auch auf CD“, beruhigte er.
Gleich zu Beginn wird klar, wer das Axel Fischbacher Quintett ist: Fünf großartige Musiker, die brillant ihr Instrument beherrschen, jeder für sich ein Unikat, und doch schaffen sie es, als homogenes Ganzes zu erscheinen. „Das Entscheidende ist die Band“, sagt Axel Fischbacher. Wie variantenreich er sein Instrument beherrscht, ist beispielsweise bei „Little suede shoes“ zu hören. Mal lässt er sie singen wie einen Buckelwal, um sie kurz darauf wie George Benson swingen zu lassen. Matthias Bergmanns Flügelhorn hört sich ein bisschen an wie Miles Davis in seinen späten Jahren. Kein Wunder, denn neben vielen anderen Jazzgrößen hat auch er mit Charlie Parker gespielt.
VITA
Charlie „Bird“ Parker wurde 1920 in Kansas City geboren. 1955 starb er mit nur 34 Jahren in New York an den Folgen seiner Heroinsucht.
Seinen letzten Auftritt hatte er im New Yorker Jazzclub „Birdland“, der nach ihm benannt worden war.
Ein Juwel ist „Moose the Mooche“, das Charlie Parker, selbst heroinsüchtig, einem Dealer gewidmet hatte. Getragen und melancholisch schwebt es daher, Denis Gäbels Tenorsaxofon klingt beinahe traurig, Tim Dudek lässt dazu die Besen über die Felle huschen, das Flügelhorn von Matthias Bergmann stimmt in den Kanon ein. Vor den Augen des Zuhörers erscheint unwillkürlich das Bild einer schummrigen Kneipe, in der abgehalfterte Gestalten herumhängen, die mit ihrem Schicksal längst abgeschlossen haben. Nur die Gitarre bringt ein wenig Leben hinein, dazwischen ein wütendes Saxofon, bevor die Stimmung wieder abdriftet. Das Auf und Ab eines Junkies eben.
Das Quintett kann natürlich noch viel mehr. „Funky“ zum Beispiel kommt groovig, cool und flockig daher, Axel Fischbacher reißt eine knochentrockene, knallharte Gitarre dazu. Tim Dudek lässt es richtig krachen, Denis Gäbel rockt sein Sax aus Leibeskräften, selbst der – fantastische – Nico Brandenburg greift beherzter in die Saiten seines Basses – und da ist er, der Bebop, geht ab wie die Feuerwehr und hebt seinen Gründervater förmlich aus dem Grab.
„Laura“, ein butterweicher Blues, ist ein weiterer Beweis der Vielseitigkeit dieses Quintetts, selbst Matthias Bergmanns Flügelhorn bekommt auf einmal einen zarten Schmelz – das ist ganz große Kunst. Es ist ein wirklich grandioser Abend, die Zeit vergeht wie im Flug. Und was würde nun Carlie Parker zu diesem Quintett sagen? „Die sind wirklich brutal gut, diese Jungs!“