RÜDESHEIM - Ihr zehnjähriges Jubiläum feierte die Camerata Rheingau mit einem Konzert in der Benediktinerinnenabtei St. Hildegard zu Eibingen. Das Orchester wandte sich unter der Leitung Ulrich Kerns Werken des Barock zu. Diese Epoche steht im Zentrum der Arbeit der Camerata, die aus professionellen Musikern und Studenten besteht.
Orchester macht sich Akustik zu Nutze
Einleitend erklang Georg Friedrich Händels Suite in B-Dur „Der beglückte Florindo“. Die Abtei ist freilich kein Konzertsaal, das Orchester machte sich ihre hallige Akustik allerdings zunutze, sie hat durchaus ihren Reiz. Wogend geriet das Menuett, in der Sarabande evozierte die Interpretation Pendelbewegungen – sie wurde zur Einstimmung auf die Gavotte, welche sich kündend und hell schimmernd entspann; da entstand eine Symbiose zwischen Musik und Aufführungsort.
Rein und irisierend – ein herrliches Hörerlebnis
Die Solistin in der Arie „L’empio rigor del fato“ aus Georg Friedrich Händels Oper „Rodelinda“ war Elisabeth Scholl, sie ist der Camerata seit deren Anfangstagen verbunden. Die Darbietung der Sopranistin überstrahlte alles: Raumgreifend, rein und irisierend war ihr Gesang, ein herrliches Hörerlebnis offenbarte sich den Zuhörern.
Der Countertenor Friedolin Obersteiner studiert derzeit bei Scholl in Mainz. Mit der Camerata Rheingau ließ er Händels Arie „Verdi prati“ („Alcina“) aus der Tiefe aufsteigen und beschwor zart-traumartige bukolische Impressionen.
Diese wurden in Johann Christian Bachs Sinfonia Concertante für Violine, Violoncello und Orchester aufgenommen: Ganz geschmeidig war das Violinspiel Fanny Pujols, spröde Timbres fügte der Cellist Merlin Schirmer hinzu; federnd nahm das Rondeau seinen Lauf, in welchem ein beständiger Wechsel an Klangfarben und Stimmungen Licht- und Schattenspiele zeitigte.
Jetzt rückte Händels Oper „Giulio Cesare“ ins Zentrum: Elisabeth Scholl deutete „E pur così un giorno...Piangerò la sorte mia“ (Rezitativ und Arie der Cleopatra) hochvirtuos mit düsterer Dramatik. Anmutigst gestaltete sie mit Obersteiner das Duett von Cesar und Cleopatra „Caro, bella, più amabile beltà“ – fließend wurden die Stimmen miteinander verwoben.
Abschließend eines der populärsten Stücke der Musikgeschichte: In Johann Pachelbels Canon und Gigue in D-Dur evozierte die Camerata Rheingau erneut leichte Wellenbewegungen.
Als man die Abtei verließ, erstreckte sich sonnendurchflutet der Blick auf die Weinberge über den Fluss zur Binger Rochuskapelle.