Auf erfreuliche Publikumsresonanz stieß die erste Etappe des XI. Internationalen Chopin-Klavierwettbewerbs in der Akademie für Tonkunst. Rund 40 Zuhörer hatten sich bereits...
DARMSTADT. Auf erfreuliche Publikumsresonanz stieß die erste Etappe des XI. Internationalen Chopin-Klavierwettbewerbs in der Akademie für Tonkunst. Rund 40 Zuhörer hatten sich bereits am frühen Samstagvormittag im großen Vortragssaal eingefunden; im Laufe des ersten Wettbewerbtages wurden es immer mehr. Offensichtlich hatte das spektakuläre Eröffnungskonzert, das die sieben Juroren am Freitag in der Orangerie gemeinsam bestritten hatten, die Neugier des Darmstädter Publikums geweckt (wir haben berichtet).
Bis zuletzt hatte die Umsetzung des deutschlandweit einzigartigen Konzertprojekts am seidenen Faden gehangen. Lange hatten die Organisatoren bangen müssen, ob es Jurymitglied Dang Thai Son rechtzeitig zum Konzert schaffen würde. Grund war das Sturmtief "Xavier", das den Flugverkehr im Norden Deutschlands zeitweilig lahmgelegt hatte. Doch die Veranstalter hatten Glück: Kurz bevor der Flugbetrieb am Hamburger Flughafen wetterbedingt eingestellt wurde, startete der Gewinner des Warschauer Chopin-Wettbewerbs von 1980 mit der letzten Maschine Richtung Frankfurt.
"Our Magnificant Seven", unsere glorreichen Sieben, taufte Jill Rabenau, die aus England stammende Organisatorin des Wettbewerbs, noch spürbar euphorisiert vom rauschenden Erfolg des Eröffnungskonzerts die Wettbewerbsjury bei der offiziellen Begrüßung am Samstagmorgen. Kurzfristige Absagen kamen dagegen aus dem Kreis der Kandidaten: Von 40 erwarteten Teilnehmern gingen nur 30 an den Start.
Mit Chopins "Nocturne Fis-Dur op. 15 Nr. 2" eröffnete die Japanerin Yukino Hayashi den Pianistenwettstreit. In der ersten Etappe standen Nocturnes, Etüden, Polonaisen und Marzurkas auf dem Programm. Die Kandidaten konnten die Werke nach Belieben auswählen.
Viel zu entdecken auf dem Feld der Mazurkas
Viel zu entdecken gab es vor allem auf dem weiten Feld der Mazurkas. Ein ausgeprägtes Gespür für die rhythmischen Raffinessen dieser für Chopin so bedeutsamen Gattung zeigte die aus Japan stammende Pianistin Mizuho Itakura, die seit zwei Jahren an der Akademie für Tonkunst studiert. Zu Chopin hat die 1990 geborene Musikerin ein besonderes Verhältnis. "Seine Musik entspricht meiner inneren Natur. Wenn ich sie spiele, fühle ich mich einfach gut", erklärt die Studentin, die 2017 in Darmstadt den Prinzessin-Margaret-von-Hessen-Wettbewerb gewann. Schon damals lag der Schwerpunkt ihres Programms auf Chopin. Eine gute Vorbereitung also auf die internationale Bühne des Chopin-Wettbewerbs.
Die meisten Stücke des umfangreichen Wettbewerb-Repertoires hat Itakura erst vor wenigen Monaten einstudiert. Die halsbrecherisch virtuosen Etüden spielt sie erst seit drei Wochen. Mit natürlicher Expressivität ließ sie den Flügel in den lyrischen Stücken singen, weinen, lachen und klagen und entlockte ihm eine ganz eigene Poesie.
Da ihr Vortrag die vorgegebene Dauer von 30 Minuten deutlich überschritt, wurde ihre Darbietung vorzeitig unterbrochen. Dieses Schicksal teilte sie mit dem blinden Pianist Xin Luo, der mit seiner Mutter aus China angereist war. Auch er durfte seine Interpretation der berühmten As-Dur-Polonaise nicht zu Ende bringen. Höflich aber bestimmt wachte der Juryvorsitzende Kevin Kenner darüber, dass die Fairness gewahrt blieb und keinem Kandidaten mehr Raum zugestanden wurde als den anderen.