Alexey Pudinov: Solo-Debüt auf neuen Bahnen

Alexey Pudinov soll in diesem Jahr erneut bei den Lichtenberger Schlosskonzerten spielen. Der junge Pianist hat sein erstes Solo-Album aufgenommen. Archivfoto: Emil Matveev
© Archivfoto: Emil Matveev

Der junge Pianist und Lichtenberg-Stammgast hat ein neues Album aufgenommen.

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LICHTENBERG. Es zeugt von gesundem Selbstbewusstsein, wenn ein junger Pianist sein erstes Soloalbum „Neue Bahnen“ betitelt und damit an den berühmten, musikhistorisch bedeutsamen Aufsatz von Robert Schumann aus dem Jahr 1853 anknüpft. Lässt man sich jedoch auf die sehr persönliche musikalische Reise des Tastenkünstlers Alexey Pudinov ein, ist man rasch überzeugt von seiner pianistischen Erkundung neuer Wege. Die Aufnahme entstand im Frühjahr 2020 am Steinway-Flügel in der Frankfurter Festeburgkirche.

Alexey Pudinov soll in diesem Jahr erneut bei den Lichtenberger Schlosskonzerten spielen. Der junge Pianist hat sein erstes Solo-Album aufgenommen. Archivfoto: Emil Matveev
Alexey PudinovNeue BahnenErschienen bei Kaleidos Musikeditionen, KAL 6350-2

Der Kosmopolit Pudinov unterrichtet seit 2018 am Royal Northern College of Music in Manchester und konzertiert weltweit solistisch und in Kammermusik-Formationen. Regelmäßig ist er Gast bei den Lichtenberger Schlosskonzerten, auch für April 2021 ist ein Auftritt geplant; falls der Termin nicht zu halten ist, wird das Konzert später im Jahr nachgeholt.

Vorerst müssen sich die Musikfreunde mit seiner neuen CD-Einspielung trösten, auf der Träumerei und Melancholie auf brillante Leichtigkeit treffen. Im Mittelpunkt steht die Sonate in fis-Moll Nr. 2 op. 2 von Johannes Brahms aus dem „Neue-Bahnen-Jahr“ 1853, die er Clara Schumann widmete und mit der er sich die Herzen des Komponisten-Ehepaars Schumann im Sturm eroberte.

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Auf Pudinovs Solo-Album ist die Brahms-Sonate die größte Überraschung. Das ungestüme Temperament des Kopfsatzes, das farbenreiche Austarieren im lyrischen zweiten Satz und der energische Rhythmus des Scherzos wirken ungemein jugendlich-authentisch. Beim in aller Ruhe dahinfließenden Finalsatz möchte man sich schließlich nur noch zurücklehnen und die quasi gesungene Melancholie geniessen. Anschließend spannt der russische Pianist einen weiten Bogen von Chopin (Ballade Nr. 4 op. 52) und Rachmaninov (Moments musicaux op. 16) bis hin zu der Jazz-Fantasie über George Gershwins „Summertime“ von Fazil Say aus dem Jahr 2005 und den „Impressions on Rothko“ des jungen Komponisten Dennis Tjiok – ein Werk, das hier erstmals in einer Einspielung vorliegt.

Bei dieser Hommage an Gemälde des abstrakten Malers Mark Rothko denkt man unwillkürlich an Mussorgskys „Bilder einer Ausstellung“ oder auch an die Klangmalereien Debussys. Allerdings geht es motorischer und minimalistischer zu, denn die Rothko-Bilder sollen gemäß dem ausführlichen CD-Beiheft den Zeitgeist der sechziger Jahre widerspiegeln. Besonders lässt das dritte hier vorgestellte Stück mit dem Titel „www“ aufhorchen, das Tijok eigens für Pudinov komponierte.

Wieder sind es neue Bahnen, die der Widmungsträger Pudinov neugierig erforscht – jetzt klanglich in Richtung elektronischer Musik und analogen Synthesizern. Wie eine Zugabe wirkt am Ende der CD Bachs Präludium in h-Moll BWV 855a in der Bearbeitung des Liszt-Schülers Alexander Soloti. Diese Bach-Transkription spielte schon der legendäre russische Pianist Emil Gilels gerne am Ende seiner Konzerte, und auch Pudinov gelingt mit seiner zarten Wiedergabe in gemächlichem Tempo ein ruhiger Ausklang nach einem stimmigen Klaviersolo-Programm.